Flache Pyramiden | Mütter | Steppe in Frankfurt

Setze ich mich und meine Zeichnungen in Beziehung zu den Flugtangenten der Stadtbegegnungen des Flughafens, glaube ich an Zusammenhänge zwischen meinen Strichen und den Linien der Flugbewegungen. Schon einmal vor Jahren verdichtete ich die Agent-Orange-Flüge der Amerikaner über den Vietnamesischen Dschungel auf Transparentpapier und setzte das in Beziehung zu einer Felsgravurenskyline in Petra.

Heute hatte ich wieder ab sieben Schreinerei mit den Lehrlingen und versuche nu wieder in meine Welt zurück zu finden.

Mir kam während des Vortrages der Gedanke, dass die Flachheit der Pyramide, die ihre Stabilität stützt, im Zusammenhang zu Hierarchien des Managements zu sehen ist und auch mit meinem Steinhaufen, den ich im Wald zusammenzutragen beginne. So wächst an manchen Stellen im Wald das Gefühl einer Unzerstörbarkeit oder mindestens einer langen Lebensdauer mancher Bodenskulpturen. Eine genugtuende Arbeit. Mir fehlt der Wald. Gut dass ich wenigstens den Vortrag nur über dieses Thema gehalten habe.

M. besuchte mich im Atelier, um nach ihrer Puppe ohne Arme und mit schwarzer Maske zu fragen. Sie befindet sich in der Ausstellung. Stattdessen las ich ihr „Herakles II oder die Hydra“ vor. Und so kamen wir auf das Mütterthema und andere Dinge.

Und nun sitze ich noch am späten Abend am Schreibtisch, um zu erzählen, dass ich gestern im Rahmen des Workshops über die Gleisbetten der Ausläufer des ehemaligen Güterbahnhofs lief. Wir suchten Metall, das dem Bahnzusammenhang entspringt und das man für Schweißarbeiten brauchen kann. Wir wurden in einer Weise fündig, dass wir schwer zu schleppen hatten. Auf dem Schotterbett sind grandiose Gräser gewachsen. Hinter dieser Steppenlandschaft wächst die Skyline wie eine Fata Morgana in der flimmernden Luft herauf.

Ein Siebzehnstundenarbeitstag liegt hinter mir. Hoffentlich kann ich nun schlafen

Trixelleiter

Teile meiner großen Aluminiumleiter sind beim Günesfestival verschwunden. Mit orientalischer Wurschtigkeit wird reagiert. Ich brauche meine Leiter jetzt für die halbe Höhe meines Himmels um die Rolltormechanik zu reparieren.

Auf Leitern in dieser Höhe befinden sich zwar nicht mehr meine Lieblingsaufenthalte, und schon gar nicht, wenn ich Spanngurte auf einer alten Holzleiter, die zudem noch etwas zu niedrig ist, lösen und neu straffen muss.

Den Lehrlingen, die sich mit dem Gedanken eines Architekturstudiums tragen habe ich von Walter Gropius erzählt. Ich fühle mich in diesem Zusammenhang dazu verpflichtet. Außerdem sprachen wir noch über die Grundbausteine meines Projektes TRIXEL PLANET.

Unruhige Tage, unterschiedliche Menschen, hin und her, keine Konzentration auf meine Arbeit möglich. Das ist sehr unbefriedigend…

Vortrag

Im geöffneten Rolltor sitzend kann ich über den Vortrag nachdenken, den ich am heutigen Vormittag bei der Bahntochter Systel gehalten habe.

Richtig war die Beschränkung auf das Thema der Landart am Hang. Es ist nicht wichtig, möglichst viel von der künstlerischen Arbeit zu zeigen. Es kommt eher auf die Geschichten an, die damit zusammenhängen und die Verbindung zwischen den Themen deutlich werden lassen. Auch mir fallen erst die Zusammenhänge auf, wenn ich darüber spreche, ich stelle sie erst dann her, während ich mich in die Situation und in die Stimmungen der mir gegenübersitzenden Menschen hinein versetze.

Eine interessante Frage, die immer wieder auftaucht ist die nach den Zielorientierungen. Während ich vor einem weißen Blatt sitzend frei beginnen kann, Linien zu ziehen und damit die Inspiration wecke, die sich erweitert und an Schluss verfestigt, fragen die Mitarbeiter nach Vorgaben und Richtlinien.

Maja konnte mich erstmalig in Aktion erleben, wie auch das Feedback der Mitarbeiter. Sie war erstaunt über die Fülle der Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Arbeitsbereichen. Vielleicht ist es aber auch einfach reizvoller das Ganze im Kunstzusammenhang zu durchdenken.

Danach schlenderte ich über die Mainzer und schaute noch mal bei den Jungs von Schulz & Souard rein. Mir fehlte schon meine Zeichenstunde im Schaufenster.

Nach den sonnigen Tagen ziehen jetzt dunkle Wolken von Nordwesten heran. Der Regen beginnt so, dass zunächst der Staub auf den warmen Betonplatten zu hüpfen beginnt. In winzigen Explosionen trifft das Wasser auf die Trockenheit. Und in der kurzen Zeit, in der ich eine eigene Wasserspur auf einer Zeichnung verwischt hatte, steht schon ein Millimeter Regen auf dem Beton. Schnell wird es kühl, kleinere Donner erfüllen die Wolken und hinter ihnen erschein Wieder das tiefliegende Sonnenlicht. Regenbogenzeichen entrücken mich für einen Moment.

verwischte Flächen

Die Handschrift wird etwas ungelenker, weil ich am Daumen der rechten Hand, genauer an der Daumenwurzel eine Atrose befindet. Ich merke das auch und vor allem beim Zeichnen mit Tusche und Feder.

Der Sommer hier in der Stadt wurde in diesem Jahr von keiner Reise unterbrochen. Somit war es möglich die Farblichen Veränderungen der Jahreszeit kontinuierlich zu beobachten. Das führte bei mir zu einer anderen Wahrnehmung von Zeit. In den vorausgegangenen Jahren waren die Ahornbäume schon in der Mitte des Sommers von einer Art Mehltau befallen, so dass die Blätter frühzeitig braun wurden. Das war in diesem Jahr nicht der Fall, auch wenn sich jetzt so langsam die Baumkronen einfärben.

Die angebrochene Woche steckt voller verschiedener Arbeit. Morgen geht es um einen Vortrag über meinen Wald im Verhältnis zum Veränderungsmanagement bei Systel. Das Konzept, das ich mir schon vor einigen Tagen überlegt habe, möchte ich heute mit Stoff füllen. Dafür nehme ich mir den Nachmittag Zeit. Mittwoch und Donnerstag arbeite ich mit den Lehrlingen an ihren Holzkisten. Zwischendrin möchte ich so oft wie möglich im Schaufenster zeichnen. Das ist mir in den vergangenen Tagen recht wichtig geworden. Es ist ein Ort zu dem ich in diesem Monat gehöre.

Wenn ich manchmal für die Abbildungsstreifen des Arbeitstagebuches Ausschnitte der Zeichnungen vergrößere, sehe ich die Farbqualität der verwischten Flächen differenzierter und mit anderen Augen.

In der Schirn sahen wir Malerei von Jeff Koons. Es fehlt mir an geeigneten Erfahrungen, die es mir erlauben würden, zu diesen Werken einen positiven Zugang zu bekommen. Sie stammen einfach von einem anderen Planeten, dessen Atmosphäre anders zusammengesetzt ist als auf dem, wo meine Arbeiten beheimatet sind. Deswegen musste ich auch gegen ein allmählich aufsteigendes körperliches Unbehagen ankämpfen.

Wir sahen noch Frankfurts neue Brücke im Osten der Stadt und einen neu entstehenden Park, der von den zwei Türmen der neuen Europäischen Zentralbank flankiert und überragt wird.

Nachtkristall

Wir kennen alle die helle Nachtwolke über dem Flughafen, die wie ein Kristall in den dunklen Raum zu wachsen scheint. Von dort aus erhellt sie als Kronleuchter die Stadt.

Die Hoffnung, die in den täglichen Zeichnungen ruht, macht mich durch ihren Schein erst sichtbar. Der Genuss, auf viel Material zurückgreifen zu können behütet die Erinnerungen, indem sie immer wieder aufgerufen werden. Morgens, wenn ich den Krähen mit dem Spiegel Lichtzeichen zumorse, ziehen siel gleichgültig schnell wieder ab. Manchmal aber äugen sie lange ausharrend vom Baum aus herüber.

Kurz vor Sonnenuntergang flog eine exakte V-Formation von Kanadagänsen tief über das Atelierdach in Richtung Main. Die akustischen Zeichen ihrer Orientierung kündigte sie schon Sekunden im Voraus wie mit fremdartigen Signalhörnern an. Dann gleich zeigte sich ihr unmissverständliches Zeichen, dem ich schnell gefolgt wäre, könnte ich mich rasend über die Dächer heben.

Ein Bild der kaum auslotbaren Depression bot sich mir Vorgestern auf meinem „Inspektionsgang“ in die Nacht. Ein haariger alter Mann lag auf dem Boden einer Küche und schlief im unbeschreiblichen Lärm der benachbarten DJ`s, der die Partygäste zu vertreiben schien. Die Frau, die ihn beobachtend zu bewachen schien starrte, unter dem unbestimmten Rot eines stumpfen Dauerwellenschopfes abwechselnd in einen flackernden Bildschirm und auf das Wesen am Küchenboden.

Gestern in der stillen Dunkelheit zog eine Fledermaus verschlungene Bahnen über unserer wärmenden Glut im Kohlebecken. Die Grillen verabschieden sich konzertant in den Winter und hinterlassen die Erinnerung an eine unbestimmbare Sehnsucht. Diesen Ausklang einer Jahreszeit kann ich nur, weil er mein Ohrgeräusch nicht übertönen kann, in den Augen meiner Frau sehen.

Heute noch einmal ein heller Morgen, in dessen Licht die Gärten schwelgen. Zwischen den Kondensstreifen, deren Muster sich langsam nach Osten verschiebt, leuchtet gleichmäßig metallen die ablaufende Zeit und degradiert alles unter sich zur Vorläufigkeit: die übergroßen Maschinen in ihrem lang gezogenen Donner über der Stadt, das tosende Blut in den Adern und die Spiegelungen in den großen Scheiben. Schaue ich nur ab und zu in den Himmel entdecke ich seine Bewegung wie im Zeitraffer. So ist es auch mit der Erinnerung.

Tagesmäander

Außer an den überlagernden Verdichtungen, zeichnete ich gestern im Schaufenster an der Linie weiter, die die Strukturen von außen aufnehmen will. Meine Bemühungen gingen in Richtung Kleinteiligkeit: Markisen, Stützpfeiler, Leuchtstoffröhren, Beine, Schilder, sitzende Menschenumrisse, umrahmt von der mäandernden Linie, die vom Gegenstand zum Ornament und zurück wandert. Alles ist es Wert, aufgezeichnet zu werden.

Im langsamen Walzer „Tempest“ widmet sich Bob Dylan vierzehn Minuten lang im Traum des diensthabenden Offiziers den Dingen, die mit der Titanic langsam in die Tiefe der kalten Nacht gesunken sind. So wird es auch den gezeichneten Dingen gehen, die vielleicht in einem kleinen dunklen Kristall noch schimmern werden, wie das nächtlich Bild der Vorüberfahrt am hell strahlenden Schaufenster mit meinen Zeichnungen.

Die Einrichtung einer Motivstruktur für das Pyramidenobjekt hat mich gestern im Atelier beschäftigt. Dabei geht es in erster Linie zunächst nur um das System, deswegen kann ich mit anderen alten Motiven arbeiten, um die Möglichkeiten der Überlagerungsstruktur zu erkunden. In der Folge leuchtete mir ein, dass das Denken in langen Streifen sich zugunsten der gleichmäßigen flächigen Ausdehnung verändern muss. Das schließt die Möglichkeit ein, die Streifen aus drei Richtungen aufeinander treffen zu lassen oder miteinander zu verweben, wie ein islamisches Ornament. All das kann ich nur zeichnend verstehen und bin damit erst am Anfang.

Als ich die Bordsteine, die unser Areal von Autos fernhalten sollen, mit weißer Farbe anstrich, erinnerte ich mich an die russischen Kasernen, in denen das auch so war.

Am Abend gab’s in der Feitagsküche das Fest zum Projekt „entlang der Mainzer“. Ich tanzte im Keller ein wenig und alleine. Leere Tanzflächen sind traurige Orte, die man erwecken möchte.

Danach unternahm ich einen Inspektionsbesuch auf Teves, wo einer Nachttanzparty ein ähnliches Schicksal blühte. Junges aufgedonnertes Gemüse, rollt im bulligen Rover von Papa an und langweilt sich danach.

Der Wald ist das Tier

Ein Konzept in der Nacht zu erstellen, das in einen Vortrag münden soll der tags in einer aufgeräumten, produktiven und erwartungsvollen Atmosphäre gehalten werden soll, hat schon von sich aus Differenzpotential. Die Veränderungsmanager bei der Bahn werden einen Vortrag ausschließlich über den Weg an Hang hören. Zu ihm möchte ich gerne große ausführliche Fotografien zeigen, die weniger die Veränderung, oder die nur am Rande zeigen. In der Hauptsache sollen die Zuhörer in die Bilder eintauchen, wie in ein Labyrinth, wie in den Heraklestext von Heiner Müller. Vielleicht kann ich auch aus ihm zitieren: Der Wald ist das Tier.

In der kommenden Woche habe ich außerdem noch zwei Schreinereitage mit den Lehrlingen, auf die ich mich in einer besonderen Weise freue.

Nach der gestrigen morgendlichen Tagebucharbeit zeichnete ich wieder im Schaufenster. Es handelt sich dabei meistens um zwei Stunden, in denen ich auch an der Ausstellung weiterarbeite. Dabei aktualisiere ich die ausgelegten Arbeitstagebuchblätter, platziere neue Exponate aus dem Regal in das Fenster, rolle neue Sequenzen aus, lege die mit weißer Farbe und Schelllack bearbeiteten Ästchen vom Weg auf den Boden und tausche die Schellackobjekte aus.

Am Abend ging ich noch mal an die Galluswarte, um das Fenster in seiner Nachtbeleuchtung zu sehen und ein paar Fotos davon zu machen.

Die Sequenz, die ich dort zeichne, verdichtet sich zunehmend kristallin. Es ist als würde mir diese Art der Ordnung derzeit die beste Orientierung verschaffen. Aus der Verdichtungsphase heraus komme ich noch nicht dazu, neue Figuren aus dem Geschehen vor der Scheibe zu zeichnen. Es ist als würde sich die Geschwindigkeit in der Verlangsamung der Abstraktion bündeln. Ich komme kaum vorwärts, was im großen Kontrast zu der Zeichnung steht, die in einer Linie vorangeht und mit großen Schwüngen Formen aufnimmt.

Das neuerliche Frösteln am Hang wird von der Bewegung wieder aufgehoben. Der Boden duftet feuchtkühl und modrig, die Nebel…

In der Tarnkappe zwischen den Spiegeln

Noch gestern Vormittag saß ich im Schaufenster, um zu zeichnen. Zwei Immobilienhändler interessierten sich für die Ausstellung, weil sie vorher der alte Herr Schulz darauf hingewiesen hatte. Meine Stunden, in denen ich gezeichnet hatte, waren etwas kontemplativ. Es ging um Wiederholungen und Verdichtungen. Mich fand ich in den Zwischenräumen wieder, setzte mir zwischen den Spiegeln die Tarnkappe auf, um in Ruhe alle Bewegungen bis in ihre unendlichen Wiederholungen betrachten zu können, um weit in der Nähe der Unendlichkeit oder an deren Anfang ihre Verzögerungen zu sehen. Die Inseln des Transparentpapiers werden kleiner und klarer umrissen. Das Hin und Her zwischen dem langsamen verdichtenden Zeichnen und dem Verkehr vor dem Fenster, inspiriert mich wieder zu den spiralförmigen Sichtweisen, die aus den unterschiedlichen Geschwindigkeiten ihre Energie ziehen. Die Figuren im Wald kommen durch die Spiralbewegungen ihrer Zusammenbrüche diesem Mechanismus entgegen und beeinflussen dadurch mein Denken.

Am Nachmittag machte ich mich auf in den Taunus, um dem neuen Herbst zu begegnen. Ganz unten am Einstieg hinter der Böschung der Strasse, fand ich auf einem kleinen Geflecht ein Stück Holz mit dottergelben Geisbartpilzen, das nicht von mir stammt. Etwa einhundertfünfzig Meter weiter gibt es einen kleinen Holzstapel, der auch nicht von mir ist. Es sind Botschaften von anderen Hanggängern.

Und nun ist er wieder da, der schöne Nebel, der die einzelnen Figuren und ihre Zwischenräume besser hervortreten lässt. Ich bewegte mich schnell zwischen den Stämmen und trug Steine für den Ort an der ersten Kreuzung zusammen, der noch keinen Namen hat. Ich denke an den „Freischütz“ und in diesem Zusammenhang an die Songzeile: There is a face in the tree, aus dem „Black Rider“ von Tom Waits.

Ganz oben an der neuen Lichtung am Ende des Weges baute ich aus den Resten meiner geschliffenen Figuren und neuen frischen Ästen eine neue Figur.

Am Abend hielt ich im Pavillon meinen Vortrag über das FRANKFURTER KRAFTFELD, eine Gallusübung.

Werkbank | Vortrag

Etwas kürzer trat ich gestern, lediglich die Arbeit am Vortrag, den ich heute Abend halten soll, beschäftigte mich den Tag über. Ich fand Titel für die Bildstreifen, und bin jetzt bei einer Anzahl von fünfundvierzig, die ich zeigen will. Das erscheint mir immer noch etwas zu viel. Aber wenn es zu lange dauern sollte, kann ich das, was ich zu den Bildstreifen zu sagen hätte noch verknappen.

Auf den Tevesgelände habe ich meine Holzplatte vor dem Regen in Sicherheit gebracht. Die nasse Seite wölbte sich schon leicht nach oben. Dann baute ich unsere Absperrung gegen die Autos und für die Wiese wieder auf, die während des Festivals schwer gelitten hat und sich nun erholen soll.

Meine Belohnung war ein besonderer Fund zwischen dem Müll, den die Günesfestivals hinterlassen haben. Hinter den einstürzenden Baracken sog sich eine alte auseinander genommene Hobelbank voll Regenwasser. Schon seit meiner Schreinerlehre träumte ich von einem solchen Stück, wie von einem eigenen Boot. Mit Rolands Hilfe transportierte ich das gute Stück unter mein Vordach, wo es nun erst einmal durchtrocknen kann.

Die zwei jungen DJ`s, die die Werkbank alle zwei Monate für ihre Plattenspieler brauchen, deponierten das edle Teil zwischen all dem Müll des Günestheaters.

Gestern gab es ein überraschendes Feedback von der aus der Lufthansa auf meine Workshopflyer. Im Oktober werde ich neue Teilnehmer bekommen. Vorher habe ich die Werkstatt noch etwas aufzuräumen, größere Tische bereit zu stellen und Material einzukaufen.

Heute will ich noch mal kurz ins Schaufenster, um an der dort entstehenden Sequenz weiter zu arbeiten. Dann stehen noch ein Hang Gang und der Vortrag am Abend auf dem Programm.

Pyramidenform | Reduktion

Der Gedanke hat etwas Verlockendes. Eine reduzierte Form des Arbeitstagebuches. Öfter schon hatte ich daran gedacht, diese starre Form aufzugeben. Die täglichen drei Zeichnungen kann ich deswegen beibehalten, weil sie es sind, die mir am wenigsten schwer fallen. Wenn sich weniger Text auf den handschriftlichen Seiten befindet, kann ich sie sogar noch ausweiten oder anders mit den Worten und ihren Inhalten verbinden. Aber ganz so einfach ist es nicht auf die genauen Beschreibungen von Vorgängen oder Vorhaben zu verzichten. Ich sollte die verschiedenen Möglichkeiten vielleicht einfach etwas locker mischen können. Ein langsamer Übergang wäre gut, denn die strenge Form gehört nun schon zwölf Jahre zu mir und hat sich in dieser Zeit immer weiter intensiviert und in den Mittelpunkt der Arbeit geschoben.

Morgen Abend habe ich einen Vortrag zu halten, der noch vorbereitet werden soll. Die Bilder dafür, die den Faden des Ganzen bilden sind schon zusammengesucht und stammen aus den Arbeitstagebuchstreifen. Nun sind sie zu reduzieren und mit kleinen Texten oder einzelnen Bezeichnungen zu versehen. Anfangen werde ich mit einer kurzen Beschreibung des Frankenalleeprojektes, für das ich die Broschüre verteilen kann. Dann folgen die Ausstellungen „Wien – Varanasi“, „Kraftfeld“ und „Frankfurter Kraftfeld“. Und Extra dafür habe ich am Morgen noch eine Abbildung mit Pyramiden animiert, die das skulpturale Vorhaben illustriert.

Der erste Regenschauer fiel herab. Das Wetter wird sich nun ändern. Ich freue mich auf die Feuchtigkeit und den Nebel im Wald, darauf, dass die Sommerausflügler fehlen werden, die Bäche anschwellen und sich alles am Boden glänzend niederlegt. Dann kann ich die Tarnkappe ein und das Licht in mir ausschalten. Die südwestlichen Wolken verheißen Linderung, das abgeblendete Licht verlangt nicht mehr ständige Aufmerksamkeit von mir. Gedämpfteres Leben nach den hysterischen Sommerwochen.

Schreiben im Schaufenster

Ein Windwirbel trägt Taubenfedern, Blätter und papierene Schnipsel zusammen, und Zellophanpapier nannten wir früher die Folien, in die die weichen Karamellbonbons eingeschlagen waren.

Ich sitze im Schaufenster und habe am Morgen die Pflanzen am Atelier gewässert, weil ein heißer Tag bevorsteht und sie gestern ohne Wasser auskommen mussten. Statt sie zu gießen, waren wir Gestern mit Heike am Hang. Sie ist ein schneller Mensch.

Es gab keine Zerstörungen an den neuralgischen Punkten, keine Veränderungen. Das grelle Vormittagslicht war etwas fremd und schaffte große Kontraste zwischen Lichtflecken und Schatten, sodass die Installationen etwas untergehen. Heike gab ei Erinnerungsbild, das ihr im Bereich der Steinausgrabungen einfiel. Eine der Gruben und der anschließenden Bodengestaltung erinnerte sie an ein Yoni, das Gegenstück zum Lingam, deren skulpturale Entsprechungen wir zu tausenden auf unseren Indienreisen gesehen hatten.

Auf dem Rückweg von Fuchstanz folgte ich einem schon fast aufgegebenen Weg, der mittlerweile schon sehr zugewachsen und von gefallenem Holz bedeckt ist. Dieser Abschnitt würde sich gut für weitere Eingriffe in diese Struktur eignen. Trockene gerade Stangen und gestürzte Laubbaumriesen liegen auf dem Weg.

Auf Teves vor meinem Atelier steht eine Art Flaschentrockner, in den ich nun einige Äste von meinem Hang eingeflochten habe. Ich beginne so Hang Gang und Teves zusammen zu bringen.

Das Schreiben im Schaufenster ist etwas mühselig. Ablenkungen durch den Verkehr, Passanten und Gespräche. Die meisten Fußgänger verhindern, mit mir Blickkontakt aufzunehmen. Sicherlich hat nur ein Prozent von ihnen was mit Kunst zutun.

Neue Lichtung | Rolling Stones

Auf dem Tisch vor meinem Atelier hatte ich die schatten und deren Äste fotografiert und bin immer am Ordnen dieser Dinge aus dem Wald. Die geschlagenen Stämme am oberen Ende des Weges sind nun abtransportiert. Aber die Verwüstungen hielten sich in Grenzen. Mein Versuch, mit den neu abgeschlagenen Fichtenästen etwas zu bauen scheiterte zunächst. Das lag einerseits an der wenig starren Beschaffenheit des neuen noch saftigen Materials und an mangelnder Zeit.

Die Gleichförmigkeit der Waldmaschine ist aber durch einen neuen Ort verändert worden. Ein Stück Himmel trat hervor, in das hinein nun Buchen, Eschen und Erlen wachsen können.

Zur allgemeinen Arbeit am Hang kommt nun der Transport der Steine an den zentralen Ort bei der Kreuzung mit dem ersten Forstweg hinzu. Ich denke an diesen großen Haufen am Jacobsweg, wo die Steine meistens noch bemalt sind, Texte tragen oder Daten und Namen.

Heike Hambrock, die Vorsitzende des Kulturausschusses der Stadt Frankfurt besuchte mich im Atelier, wo ich ihr meine Arbeit am Trixel Planeten und da besonders am Frankfurter Kraftfeld zeigte. Außerdem erläuterte ich ihr die Situation auf dem Gelände. Die Hauptarbeit spielt sich abseits eines solchen Festivals ab, eher in den kontinuierlichen Zusammenarbeiten unter der Woche.

Am Abend war ich auf den Sindlinger Straßenfest. Arun spielte eine wunderbare Bluesgitarre, mit deren Improvisationen er mich davon driften ließ in die Siebzigerjahre, als wir in die umliegenden Orten zu den Coverbands pilgerten, um die Songs der Stones oder Jazzrock zu hören. Nachts liefen wir dann viele Kilometer, teilweise auf den Bahndämmen zurück und träumten von einem Leben ohne unüberwindliche Grenzen. Erst beim letzten Song griff Arun zur elektrischen Gitarre und ich erzählte seiner Frau von unserer Begegnung mit den Rolling Stones in der Voodoo Lounge, und davon wie Keith Richards sich für meine Radierungen interessierte, wie höflich und energiegeladen das Treffen ablief. Wir standen wippend neben Arun und seiner Rhythmusgruppe und freuten uns.

Experimentelle Waldkommunikation

Eingehüllt vom Geräusch flügelschlagender Tauben und dem monotonen Stadtgrummeln am frühen Morgen. Nach der Tagebucharbeit gestern zeichnete ich im Schaufenster. Zeichnend besann ich mich auf die alten Tugenden der Fortschreibung der Linie durch Überlagerung. Die Straßenszenen werden zu einem kompakten Block. Manchmal helfe ich Neugierigen und sage ein paar Sätze zur Ausstellung. Eine ältere osteuropäische Frau meinte dazu: „Aber wie kann man das alles machen?“ Ich meinte dann: „Einfach anfangen und nicht aufhören, bevor es fertig ist.“

Am Nachmittag war ich am Hang um nachzuschauen, was es Neues gibt. Meine experimentale Kommunikation mit dem Zerstörer meiner Bauten und Zeichen habe ich weiter geführt. Ein heller, sehr auffälliger Stein wurde von seinem Sockel, einem alten Baumstumpf gestoßen. Nun habe ich ihn nicht einfach wieder auf seinen Platz gestellt. Stattdessen legte ich ihn neben die Wurzeln und umringte ihn mit weiteren großen Brocken. Daraus wird nun im Laufe der Zeit sicherlich ein ziemlich großer Steinhaufen, inspiriert durch den Menschen, den diese Dinge im Wald stören und der sich auch an einigen anderen Bauten vergriffen hat. Auf die Schnittfläche, auf der vorher der große Stein stand, legte ich nun einen kleinen, wenig auffälligen. Meine Taktik ist das Wiederaufrichten der Figuren auf einer unauffälligeren Basis. Ich biete also einen Kompromiss an. Ich bin gespannt, wie das weitergeht und stelle mir ein Zusammentreffen mit ihm vor. Der Steinhaufen wird ein zentraler Ort des Weges werden, vielleicht sogar der Einstieg für manche, den Weg zu gehen.

„Hanglage Meerblick“ hatte gestern in einer Regie von Schuster, der in Meißen geboren ist, Premiere. Das Stück beschreibt unsere geldgierige Gesellschaft aus der Sicht von Immobilienmaklern. Etwas eindimensional werden Realitäten gezeigt, die auch auf andere Lebensbereiche übertragbar sind. Ich kannte schon, was ich gesehen habe und kein Hintersinn leuchtete einen weiteren verborgenen Raum aus. Nicht klüger, nicht ratloser und wenig inspiriert war ich nach dem Applaus. Die Gespräche danach gingen um etwas anderes.

Zentrum der Mainzer

Wieder habe ich in der frühen Dämmerung den Polarstern fotografiert, hätte aber eigentlich nicht so früh aufstehen müssen, sitze aber nun schon gewohnheitsgemäß um Sechs am Schreibtisch.

Gestern fand eine Ausstellungseröffnung auf der Strasse statt. Die Reden von Klaus-Ludwig und von Christian gingen meinen Erklärungen zum Projekt FRANKFURTER KRAFTFELD voraus. Ich hatte das Gefühl, dass wir das Zentrum der Mainzer bildeten, an dieser wichtigen von verschiedenen Verkehrsströmen durchpumpten Engstelle. Die Präsenz der Arbeit ist an diesem Knotenpunkt gewährleistet. Trotz der umtriebigen Vorbereitungen für die Vernissage habe ich noch im Fenster gesessen und an der Transparentsequenz  weitergearbeitet.

Vormittags stellte ich noch einen Ordner mit den Tagebuchzeichnungen vom September 2011 bis zum September 2012 zusammen, die ich in den elektronischen Bilderrahmen lud. Im Schaufenster aber war wegen der Helligkeit kaum etwas zu sehen.

In meiner Rede sprach ich über die Vergleichbarkeit der Atelier und Schaufenstersituation. Die Gäste blieben dann noch eine Weile, wodurch ich viele Gelegenheiten hatte, vom meiner Arbeit zu erzählen. Nicht wenig Aufmerksamkeit wurde dem performatorischen Versprechen des Arbeitstisches zuteil. Manche lasen interessiert in den Texten die ich an sich nur als Illustration meiner Arbeitsweise in Stapeln ausgelegt habe.

Jetzt reizt mich der erste ruhige Arbeitsvormittag an diesem Tisch, wodurch ich das Versprechen, das ich mir gab, heute nicht zu arbeiten, wohl nicht einlösen werde. Am Nachmittag gehe ich an den Hang im Taunus, um nach den Installationen zu schauen und neue Dinge dort zu beginnen.

Im Verlauf der Ausstellungsvorbereitung ist die Ideenfindung für die Pyramidenstruktur des FRANKFURTER KRAFTFELDES etwas aus dem Blick geraten. Die bisherigen Überlegungen sind eher flüchtig und noch nicht genügend ausprobiert. Wenn ich nun aber täglich damit arbeiten kann, wird sich diese neue Methode auch verfestigen.

Gesträuch im Bus | lärmendes Metall

Mit dem großen Transporter von Schulz & Souard bin ich gestern an den Hang gefahren, um dort Material für die Installation im alten gelben VW – Bus, der direkt an der Strasse hinter, oder je nach Standort vor dem Geschäftsparkplatz steht. Einige Hölzer, die ich vom unteren Teil des Weges aufsammelte, legte ich gleich am Atelier auf einem Tischgestell ab, das dort seit ein paar Tagen vor meinem Rolltor steht.

An der Galluswarte lud ich dann das ganze Material aus, und begann, wie bei einer freistehenden Figur im Wald, die Stangen in einer Pyramide aneinander zu stellen. Ansonsten bestand das Holz aus weit gewundenen Buchenästen, die in sich schöne Formen bilden. Das versuchte ich im „Aquarium“ des Oldtimers zu verdichten. Nun ist der direkte Bezug vom Wald zum brüllenden Verkehrsknotenpunkt auch größer auch augenscheinlicher hergestellt.

Im Schaufenster begann ich eine neue Transparentpapierrolle zu zeichnen. Den Anfang machen ein paar flüchtige Figuren von Passanten, die in einer Linie zu Architekturteilen der Eisenbahnbrücke übergehen. Der kreischende, schlagende, explodierende, grollende und gewalttätige Klang dieses metallenen Baukörpers, vertreibt die Menschen aus dieser Hölle. Lediglich die Biertrinker an der Galluswarte erzeugen so etwas wie harrende Kontinuität. Ein Fahrradfahrer stieg vor dem Schaufenster ab, um auf meinen Tisch zu schauen. Nah vor seinem Gesicht sah er, wie ich es gerade zeichnete. Diese Rolle will ich nun in der bewährten Weise immer weiter verdichten. Das Neue dabei ist nun, dass die einzelne lange Linie, mit der ich die Straßenszenen immer weiter fortschreibe, noch nicht zu Ende gezogen ist, während sie von ihrem Anfang her schon wieder überlagernd verdichtet wird.

Mit Ladenschluss verließ ich meinen neuen Arbeitsplatz, um zur Eröffnung des Gesamtprojektes „Entlang der Mainzer“ zu gehen. Immer mal besuchen mich dann bei solchen Veranstaltungen die Gespenster der Frankenalleezeit. Fehler, die zu Brüchen geführt haben, können nicht rückgängig gemacht werden.

Waldfigur im VW-Bus

Kurz vor der Dämmerung fotografierte ich den Mond und den Polarstern am sehr klaren Nachthimmel, der von Osten her beginnt, blau zu schimmern. Am heutigen Mittwoch werde ich am Vormittag in den Wald gehen, um einerseits den Hang zu pflegen, zu schauen, was mein Zerstörungspartner angerichtet hat, aber auch, um Material für eine Installation in der Stadt zu holen. Dafür leiht mit K. – L. seinen Bus, mit dem ich in der Waldwegeinfahrt direkt unter dem Weg parken kann, um dort diverse Äste etc. einzuladen.

Bei der Figur hatte ich an einen kleineren Bau gedacht, den ich in dem alten, vor dem Schaufenster stehenden VW-Bus einrichten würde. Gut wäre es, wenn er in Höhe der Autoscheiben ein auffälliges ausladendes Gesträuch aufweisen würde. Ich werde sehen, ob ich die Sichtbarkeit des Ganzen mit etwas Farbe unterstützen muss, beispielsweise die Enden der Äste vor dem brüllenden Verkehr einfärbe.

Mit dem Ausstellungsaufbau war ich gestern noch mal ganztägig beschäftigt. Die Ausdrucke von Waldinstallationsfotos hängte ich an Perlonfäden vor die linke weiße Wand des Schaufensters, teilweise darüber eine Transparentpapiersequenz, die eine der Installationen behandelt. Auf derselben Seite stellte ich, als Gegengewicht zum Archivregal, die metallene Dreiecksgitterskulptur auf. Einen Auszug aus dem zwanzig Meter langen Streifen „WHERE…“, zu „Songs Of The Papago“ von David Morrow, hängte ich teilweise senkrecht ausgerollt auf die rechte Archivseite. Darin zeige ich eine Verdichtungssequenz des damals noch weit gestreuten Taunusweges am Kleinen Feldberg.

Am Morgen druckte ich weitere Tagebuchseiten vom Januar aus, um das Arbeitsprinzip klar zu machen. In eines der unteren Regalfächer habe ich Waldbodenmaterial geschüttet, um den Bogen zum Hang Gang im Taunus zu spannen. Außerdem legte ich dafür auch eine Kartierung der Wegprojektion des Hangweges auf die Mainzer Landstrasse am Boden des Fensters aus. Nun fehlen noch der allgemeine Ausstellungstext, eine Vita und der elektronische Bilderrahmen mit den über tausend Bildern aus dem abgelaufenen Arbeitsjahr.

Am Tisch im Fenster

Heute sitze ich schon um sechs Uhr mit dem Gefühl am Schreibtisch, alles schaffen zu können. Das Tagebuchschreiben gestern nach dem Ausstellungsaufbau war mir zu anstrengend. Der Tag soll heute etwas entspannter ablaufen.

Ich werde heute noch weiteres Material transportieren, beispielsweise das Metalldreiecksgitternetz aus dem Atelier, das ausgedruckte Wegematerial und andere GPS-Wanderungsausdrucke, die Voraussetzung für das FRANKFURTER KRAFTFELD sind, Fotos der Waldinstallationen, die das Grundmaterial für die gezeichneten Waldsequenzen bilden und die Arbeitstagebuchblätter dieses Jahres vielleicht. Die tausend Tagebuchzeichnungen eines Jahres finden im elektronischen Bilderrahmen Platz. Zur Wegesequenz von G. werde ich zwei Kristallsteine hinzufügen, um die Gitterstrukturen im Schaufenster zu verteilen und aufeinander beziehbar zu zeigen. Die Überlagerungs- und Kristallisationssequenz der GPS-Aufzeichnung von G. am Hang hängte ich senkrecht in das rechte Fenster. Es markiert damit die vorderste Ebene, an der vorbei man entweder auf das Regal schauen oder die Wand mit den zusammengefalteten Schelllack-Tuschearbeiten ansehen kann. Die Ausbaubarkeit des Systems ist nun bereits zu ahnen. Jetzt muss ich nur entsprechend alles ausdrucken, die Originale herauszusuchen und richtig platzieren.

Da gibt es beispielsweise die SYNAPTISCHEN KARTIERUNGEN, deren Strukturen dem fluiden Teil der Arbeit eine breite Basis gegeben haben. Mit ihnen hängen auch die Verwischungen zusammen, die in den drei täglichen Arbeitstagebuchzeichnungen eine große Rolle spielen. Gerne möchte ich von den verschiedenen Zeitempfindungen erzählen, die zwischen Kristallin und Fluid liegen.

Das Sitzen am kleinen Schultisch gab mir gestern einen Vorgeschmack auf die kommenden Wochen, in denen ich öfter dort arbeiten will. Mich interessieren die Bewegungen auf der Strasse und die Menschen, die mit ihren Arbeitswegen beschäftigt sind. Und gerne würde ich mit einer gewissen Regelmäßigkeit auftauchen, damit die Leute die Gelegenheit haben, sich an mich zu gewöhnen.

Im Schaufenster

Heute saß ich schon mal an meinem Tisch im Schaufenster vor dem dröhnenden Verkehr, in den Strahlen der Blicke der Passanten und im Geratter der S-Bahnen, der Straßenbahnen und der Laster.

Die Installation am Weg ist wieder zerstört worden. Ich hatte sie ja nach der letzten Zerstörung etwas fester gebaut, jedoch wieder ziemlich hoch und somit gut sichtbar. Die Schäden befanden sich vor allem auf der Seite des Weges. Ich trete jetzt zurück von meinem Ärger und ein in einen Dialog mit jemandem, den meine Bauwerke stören. Er ist bereit seinen Waldweg zu verlassen, um das, was ein anderer gebaut hat, zu zerstören. Als erstes frage ich mich, was es sein mag, was ihn stört. Das will ich nun an dieser Stelle testen. Sicherlich sind es in erster Linie hoch aufgereckte Figuren, die seine Aufmerksamkeit erregen. Für mich gibt es viele Möglichkeiten zu reagieren. Als Erstes habe ich gestern die Konstruktion niedriger gemacht. Ich dachte, in der Nähe des Weges Stapel anzufertigen, die zurückhaltend sind. Bodengestaltungen oder gar Steingruben lassen sich schwer zerstören. Der Effekt ist gering gegenüber einem Zusammenbruch einer hohen Figur.

Am oberen Ende sind noch keine weiteren Bäume gefällt worden. Immer mehr, auch freistehende Figuren beginnen zu kippen. Ich stütze sie, indem ich ihre eigenen Stangen versetze. Mit diesen Schritten beginnen sie zu gehen.

Am Morgen fuhr ich ins Atelier, um das erste Material in das Schaufenster zu transportieren. Zunächst füllte ich das auf der linken Seite stehende Regal mit aufrecht stehenden Transparentpapierrollen, mit Schelllackarbeiten und eingeschlossenen Fundstücken. Dann holte ich zwei beliebige Reliefplatte und hing sie in die Mitte. Das ist wegen der oberen Abblendung des Fensters nicht ideal, sieht aber besser aus, als ich vorher dachte.

In den Raum schreiben | Nebel

Handschriftliche Hinweise und Notizen auf Transparentpapier gehen mir als Wegweiser durch meine Installation im Schaufenster durch den Kopf. Mit dieser Art und Weise von Beschriftung folge ich meinem Arbeitsprinzip des Tagebuches und verlängere es in die Erschließung des Raumes: In den Raum schreiben, Sätze falten und Kalenderdaten setzen, die mit der Arbeit vor Ort zusammen hängen.

Mit dem Gedanken, Arbeitstagebuchblätter auszudrucken und zu präsentieren, hadere ich noch etwas, bin noch nicht ganz überzeugt davon, obwohl das ganz klar zu meinem Arbeitsalltag gehört.  Aber Handschrift und Zeichnungen gehören eng zusammen und ein Block Tagebuchzeichnungen wird es auf alle Fälle geben. Interessant sind die Entwicklungen der Zeichnungen, die anhand von solchen eines identischen Tages in verschiedenen aufeinander folgenden Jahren aufgezeigt werden können. Die Archivarbeit ist aber derzeit genau der richtige Ansatz, für den ich auch die meiste Energie aufbringen kann.

Ein weiteres Prinzip, das ich anwenden kann, ist das des Bühnenbildes. Ich kann tiefe Räume entwickeln, durch verschiedene transparente Ebenen, wie ich das so gerne unternehme. Es erinnert mich an die nebligen Räume zwischen meinen Installationen am Hang, die eine schichtenartige Tiefe des Waldraumes erzeugen.

Nun überlege ich doch wieder einige der Pappmachereliefs auszustellen, weil sie so eng mit der Vorbereitung des Frankfurter Kraftfeldes verbunden sind. Ich werde das vor Ort entscheiden können.

Zeichnungen | trockenes Holz | elektronischer Bilderrahmen

Ich durchsuchte im Atelier meine Regale nach weiteren Arbeiten, die in die Installation auf der Mainzer passen würden. Dabei traf ich auf Arbeiten, die den Vorgang verdeutlichen, der zum System Kraftfeld geführt hat. Das alles lagert in den Papprollen, in denen sich hunderte von Zeichnungen befinden. Viel Material läuft mir über den Weg, das ich schlicht vergessen hatte. Es zu sichten, bedeutet zu ganz neuen Ausstellungsideen zu kommen.

Mit M. sammelte ich trockenes Holz auf dem Gelände, das wir begannen zu bearbeiten. Es folgte ein Gespräch über die zusammenhänge von Material und Motivik im Zusammenhang mit dem, was man erzählen will und dem, was einfach dadurch entsteht, dass es von der Stimmung geformt wird, in der man sich befindet. Diesem Vorgang, der unbewusst läuft, muss man sich hingeben können, um das Werk in einer Weise zu verdichten, wie es bislang nicht denkbar war.

In dem elektronischen Bilderrahmen habe ich noch Zeichnungsdateien einzurichten, die ein vollständiges Jahr Tagebucharbeit zeigen sollen. Ein Loop würde etwa anderthalb Stunden dauern.

entlangdermainzer

Die Möglichkeit, eine Transparentpapierrolle über die ganze Breite des Schaufensters auf der Mainzer auszurollen entsteht als Szenario vor meinen Augen. Damit hätte ich vielleicht nur ein Fünftel der ganzen Rolle gezeigt. Es bliebe also noch genügend Material übrig, das ich später zeigen kann.

So nährt eine Rhythmik die Erfindung der Strukturierungsmechanik für dieses spezielle Projekt. Aus ihr wiederum entstehen Bilder, Dokumentationsstreifen, mit der Kamera von innen durch das Transparentpapier in den Verkehr, ins nachmittägliche Gegenlicht oder von der äußeren Nacht in den beleuchteten Raum.

Mittlerweile ist die Website „entlangdermainzer“ im Netz.

Abend

Zwei afrikanische Trommler kamen mit einer europäischen Gruppe zu einer Übungsstunde auf dem Freigelände, als der Mond über die Dächer in den Sternenhimmel stieg. Sie spielten sich den ganzen Abend über ein, bis sie in ihrer letzten Improvisation, die bestimmten Regeln folgte, in einer Weise auf einen Punkt gekommen sind, dass man glaubte, eine einzige, vielfältige Trommel zu hören. Diese präzise Dynamik war mitreißend, dass wir zufällig just in dem Augenblick, als die Übungsstunde vorbei war, spontan applaudierten. Langsam wurde der Sternenhimmel von einer Gewitterwolke verdeckt, die hinter uns aufzog und immer wieder von lang anhaltenden Blitzen bläulich erleuchtet war.

Morbidität des Temporären

Mir bereitet die verstreichende Zeit im Hinblick auf die Ausstellung etwas Unbehagen. Eswird dadurch ausgelöst, dass ich noch nie in einem solchen Rahmen gearbeitet habe. Der nicht sehr tiefe Raum hinter dem gewaltigen Verkehr mit seinem großen Lärm und den vielen Menschen. Ich sollte mich nicht scheuen mit größeren Transparentpapierbahnen zu arbeiten, damit das Schaufenster teilweise zu verhängen, nicht vor dem Gebrauch von Tesafilm zurück zu schrecken und vor der Morbidität des Temporären. Improvisierte Montagen, die verschiedene Dinge zusammenführen und neue Zusammenhänge zeigen und andere Denkmuster als gewöhnlich hervorrufen. Das Arbeiten im Schaufenster interessiert mich. Vielleicht verlege ich meine tägliche Tagebucharbeit dorthin. Die Tage könnten mit der Komplettierung des Schaufensters verbracht werden. Das kann ich mit weiteren gezeichneten Sequenzen oder der Weiterentwicklung des FRANKFURTER KRAFTFELDES tun.

C. hat mich bei unseren Termin erwischt, bevor ich alle Dinge zusammen geräumt hatte. Deswegen vergaß ich die Kamera. Gerne würde ich den Prozess des Bäumefällens und die damit zusammenhängende Entstehung neuer Räume dokumentieren.

Holz-Ein-Schlag-Ader

Den rosafarbenen diagonalen Farbspraymarkierungen folgten nun sofort Taten. Fünf oder sechs große Stämme liegen kurz vor und auf dem Ende des Weges. Mehrere Bauten sind zerstört. Nun wird es aber zur endgültigen Verwüstung erst kommen, wenn die Stämme abtransportiert werden. Eine große Lichtung ist entstanden, auf der sich nun der Wildwuchs eines kleinen Urwaldes Raum schaffen wird.

C. begleitete mich und baute hier und da kleinere Eingriffe, die ich teilweise aufnahm und weiter führte. Ich hatte gut zutun, um einige verschiedene Konstruktionen die in sich zusammensanken, wieder aufzurichten, oder sie in einer Weise zu reparieren, dass ich die Bewegungen verlangsame. Am Ende werden die einfachen angelehnten Hyperbeläste und die Stapel, die ich vom Boden an um die Baumstämme schichte länger überleben. Am längsten aber sicherlich die Steingruben, die ich aushob und in denen ich die Kristalle fand. Im Prinzip stehe ich diesen Bewegungen machtlos gegenüber. Die Zusammenbrüche kann ich mit viel Fleiß herauszögern, muss mich aber mit allen Veränderungen mit bewegen.

Mein Steinaushub, den ich SIEGFRIEDS GRAB nenne, verursachte bei C. eine Erinnerung an einen Prosatext, an dessen Ende sich zwei Männer in ein Grab legen, einer von beiden dem anderen eine Wunde zufügt, an der er verblutet, der Freund aber mit ihm stirbt. Aus der Hauptschlagader fließt das Leben – eine Wurzel schwebt in der Mitte des Grabens für vierzig Zentimeter im Raum, eine Baumader überbrückt das Grab. Somit ist das Ausgangsmaterial für die Suche nach dem Erinnerungsbild klar definiert. Es besteht aus der von C. gelaufenen Linie und aus meinem Bauwerk im Wald, vielleicht sind beide zu verflechten in einer Figurensequenz.

Sequenzen im Raum

Nun benötige ich weitere Motive für mein FRANKFURTER KRAFTFELD. Eine Schlange mit einer Katze habe ich noch im Fundus, muss sie aber noch zeichnen. Dazu habe ich die betreffende GPS-Aufzeichnung des Hang Gangs von A. schon mehrmals in eine begonnene Sequenz gezeichnet. Als Nächstes werde ich das Geflecht verdichten und mich in seine Linien versenken.

Heute gehe ich mit C. den Hang hinauf. Für meine Gäste ist es sicherlich kaum vorstellbar, wie lange ich mit ihren Erinnerungsbildern zutun habe. Das bisher langwierigste Beispiel ist die Leuchtstoffkathedrale.

Am Wochenende war genug Zeit, die Struktur des Systems von FRANKFURTER KRAFTFELD zu überdenken. Im Restaurant des Klosters Eberbach baute ich aus Kerzenwachs eine dreiseitige Pyramide, mit deren Hilfe B. das Ganze besser zu erklären war. Manchmal eile ich voraus und denke schon an Detail der Abgusstechnik.

Heute Morgen hatte ich die Idee, eine Dreiecksgitterkonstruktion dafür zu benutzen, das Pyramidenprojekt auszuprobieren und zu durchdenken. Es scheint mir das richtige Mittel zu sein, Unwägbarkeiten des Systems zu minimieren und das Projekt weiter zu entwickeln. Als Nebenprodukt entstehen sicher einige reizvolle Gitterskulpturen, die ich demnächst auch ausstellen könnte. Über die Arbeit an FRANKFURTER KRAFTFELD hinaus, können ein paar neue skulpturale Sequenzen entstehen, die den Gedanken der Überlagerung und Verdichtung ins Räumliche erweitern können.

Copy-and-Paste-Methode

Das Verfahren, frühere Werke oder teile davon in die gegenwärtige Arbeit mit einzubeziehen, eine „Copy-and-Paste-Methode“, wende ich seit den Achtzigerjahren, als ich begann mit Computern und Paintprogrammen zu arbeiten, immer wieder an. Das kommt beim Zeichnen vor, aber auch in der Malerei. Ich kann mich noch an die Entdeckungen erinnern, die am Beginn dieser Phase standen, wie die Wiederholung und Vergrößerung von Motiven, deren Fragmentierung und Weiterverarbeitung  zu Arbeitsweisen führte, denen ich auch während Zeiten der Abwendung von der digitalen Technik treu geblieben bin. Heute ist die digitale Arbeit viel mehr Mittel zum Zweck und hat diesen Charakter des aus den Möglichkeiten Schöpfens etwas verloren. Man kann verschiedene Dinge, ausprobieren, die man sich vorher überlegt hat, wie zum Beispiel die Erinnerungsbilder auf die gesamte Oberfläche einer Pyramide zu bringen. Somit baue ich langsam die Entwicklungsstruktur von FRANKFURTER KRAFTFELD weiter aus. Es ist aber nicht so einfach, wie ich gedacht hatte.

Auf die „Copy-and-Paste-Methode“ kam ich nur, weil wir gestern in der Basilika von Kloster Eberbach die h-Moll Messe von Bach gehört haben. In diesem Spätwerk bedient sich der Meister ja verschiedener älterer Stücke, deren Material er später zu diesem Werk montierte. Auch die Aufführung hatte etwas Montagenhaftes. Sehr deutlich waren die Sätze voneinander getrennt, teilweise von kleinere Umbau- oder Stimmpausen gerahmt, was die Arbeitsweise, des sich über Jahrzehnte hinziehenden Prozesses auch widerspiegelt. Es gab sehr schöne leise Teile, in denen beispielsweise Singstimme, Cello und Querflöte miteinander musizierten. Dieselbe Messe sahen wir vor zwei Jahren auch in der Basilika. In meiner Erinnerung war sie strahlend, klar und präzise, soweit ich das beurteilen kann. Gestern hatten wir es mit einer weich geführten, gedämpften Variante zutun, zugunsten einer feinen Modulation des Zusammenspiels. Ich hatte das Gefühl einer plastisch gestalteten, modellierten Musik beizuwohnen.

Dazu kommt der Ton, den die architektonische Hülle anschlägt. Wir hatten die Gelegenheit von außen die Proben zu hören, die von den Fenstern und den Mauern aufgenommen und weitergeleitet worden sind. Im fleckigen Innerraum der Basilika dann, flogen zu fortgeschrittener Stunde die Fledermäuse ihre Bahnen. Der schönste Augenblick der Musik ist ihr Nachhall nach dem Ende im Raum.

Popsong der Kunst

Am Vormittag hatte ich ein schönes Gespräch mit J. vom Internationalen Bund.  Sie konnte meine Begeisterung teilen, wenn ich von längerfristigen Kunstprojekten sprach die auch dem Gelände zugute kommen könnten. Sie möchte, dass ich die Möglichkeiten ihrer Einrichtung auf dem Gelände erweitere. Die Richtung sind Kunstprojekte, an denen Jugendliche und junge Erwachsene die verschiedensten Dinge lernen können.

Etwas befreit, weil ich das Bild für die Leuchtstoffkathedrale gefunden habe, konnte ich nun über die Struktur des Reliefs FRANKFURTER KRAFTFELD nachdenken, mit dem ich dem Thema Erinnerung beikommen will. Bei Versuchen gestern im Atelier bin ich wieder auf die Dreiecksform zurückgekommen. Vollständig klar ist mir das System noch nicht, glaube aber auf dem richtigen Weg zu sein. Die Grundform kann eine gleich- und dreiseitige Pyramide sein, deren Flächen die Reliefverflechtungen aufnehmen. Das sollte in einer Weise geschehen, dass die Bilder insgesamt vier Dreiecke aus denen ein größeres Dreieck wird ausfüllen und noch über die Randbegrenzungen hinaus reichen. Das würde ein Prinzip möglich machen, das ähnlich wie das alte Kraftfeldsystem funktioniert. Die Pyramidensteine können ineinander gestapelt, mehrfach abgegossen die vollständigen Bilder oder Abwandlungen durch deren Drehung zeigen. Auf das Ineinandergreifen aller Linien kann verzichtet werden, weil das zu sehr zu einer Einengung führt, das Prinzip ist also, dass ich einen Rapport von Figurenverflechtungen erfinde, der nach hinten offen bleibt und somit immer weiter fortgeschrieben werden kann. Das heißt, dass im Verlauf der Arbeit Motive wegfallen können und neue hinzukommen. Das entspricht genau der Kontinuität meiner Arbeitsweise. Bei Unterbrechungen kann der Faden irgendwann sogar unabhängig von mir wieder aufgenommen werden. Es ist das System das vielen Vorstellungen genügen könnte, ein Popsong der Kunst.

Neues Material

24.08. 2012

Das Material vom Waldboden macht mir viel Freude und schafft neue Ausgangspunkte für neue Arbeit. Die kleinen Ästchen kann ich mir vornehmen, um sie mir in ihren verschiedenen plastischen Reizen anschauen, sie teilweise von der trockenen Rinde befreien und die verbliebenen Rindenstücke an den Knotenpunkten mit Schelllack beschichten. Inzwischen habe ich auch begonnen, das glatte Holz, das zum Vorschein kommt, mit weißer Farbe zu bemalen. In dieser Weise künstlich bearbeitet, kann es Ausgangsmaterial für eine neue Art von Installationen ergeben, oder von Objekten, die im Atelier hergestellt werden.

Zunächst geht es aber erst einmal um Reihungen und andere Präsentationsstrukturen, die dem Material in fremder Umgebung zu einem neuen Status verhelfen. Ich möchte ganz langsam beginnen Kolonnen von Waldmaterial aneinander zu reihen, wie Zeichen, an denen man Individualität ablesen und im Stadtbild wieder erkennen kann.

Und endlich arbeitete ich wieder an den Umrissbildern für das FRANKFURTER KRAFTFELD. Nun kann ich mich an ein Relief annähern, das die unterschiedlichen Motive aufnimmt. Das Schwierigste, das mir seit einiger Zeit Kopfschmerzen bereitete habe ich nun auch ansatzweise im Griff. Es handelt sich dabei um die Leuchtstoffkristallkathedrale. Die Kantenlinien der Kristalle habe ich einfach nicht bis zu den Eckpunkten durchgezogen, was sofort einen technischen, digitalen oder einen Charakter von Flüssigkeitskristallanzeigen hervorbringt. Mit dieser sehr wenig archaischen Formensprache kann ich nun gut die anderen Geflechte, die eher aus dem Bereich der Waldinstallationen stammen kontrapunktieren. Nun werde ich über Größen nachdenken können und das Ganze bekommt den Schub, den ich vorgestern noch vermisste.

P. erzählte gestern beim Workshop, dass ein Unwetter viel Material an den Strand seiner sizilianischen Heimatstadt gespült hat. Das fand im vergangenen November statt. Seit dem nun werden die Bäume, Steine und die anderen Dinge von Salzwasser und vom Sand bearbeitet. Daraus müsste man eine Installation machen, meinte er. Ich frage ihn, ob er mit mir einen Hang Gang macht und dort Material sammelt, das er dann bearbeiten kann.

Zerstörungen

Am Hang entdeckte ich, dass der obere Bereich, zwischen zweitem und drittem Weg von einem Förster begangen worden war. Mit einem grellen rosafarbenen Spray markierte er die Bäume, die geschlagen werden sollten. Dabei handelt es sich nicht um die von Borkenkäfern befallenen Exemplare, sondern um die, die zu eng stehen oder langsam wachsenden Gehölzen das Licht nehmen. Die Verwüstungen werden das letzte Drittel meines Weges betreffen. Nun muss ich überlegen, wie ich damit umgehe.

Tatsächlich ist es so, dass am ehesten das erste Drittel so etwas wie eine Parkqualität angenommen hat. Es ist am meisten durchgearbeitet, besitzt die größte Dichte und der Weg ist an deutlichsten zu erkennen. Aber vom oberen Weg aus werden dort auch schon Installationen zerstört. Eine, die nahe am Weg steht, habe ich immer wieder aufgebaut und hatte am Anfang noch nicht das Gefühl, dass sich es um menschliche Eingriffe handelte. Ich baute mit dem umgestürzten Material zwei Meter vom Weg weiter entfernt nun ein etwas schwerer zu zerstörendes Geflecht auf. Ich stelle mir nun vor, wie ein Kampf um die Installationen entflammt und die Spuren von diesem Hin und Her den Weg verfestigen. Vielleicht ist das ein besserer Motor, einen Weg einzurichten, als gemeinsam an etwas bauen zu wollen.

Bei den angelehnten, fragilen Flechtstrukturen muss ich mit immer mehr Zusammenbrüchen rechnen. In letzter Zeit nehme ich die zur Diagonale neigende Bewegung auf und belaste die Figuren mit weiterem gestapeltem Material. Somit wird die Bewegung, das Fließen des Holzes verstärkt. Der Charakter der Stapel verändert sich so, dass sie dichter und raumgreifender werden. Wachsend erobern sie einen Aufmerksamkeitsraum.

Vor dem ersten plastischen Schritt

Eine kristalline Säule aus der Wegesequenz von G`s GPS-Aufzeichnung sollte mir auf die Sprünge helfen, nun endlich mit ihrem Erinnerungsbild weiter zu kommen. Ich wollte das Kathedralische mit dem Kristallinen verbinden und landete wieder eher bei einem illustrativen Muster. Ich bin zu planvoll vorgegangen und sollte mich viel stärker auf meine Intuition verlassen. Nun ist das, was ich gefunden habe, noch weiter zu entwickeln, durch Vergrößerung und weiteren Bearbeitungen.

Ganz gegenteilig zu dieser Schwere verhält es sich mit der Arbeit an den Transparent-Schelllack-Schichtungen. Da gibt es immer Neuigkeiten, die sich aus der Materialität ergeben.

Als ich das Atelier gestern schließen wollte, standen mehrere junge Künstler vor der Tür, denen ich einen kurzen Einblick in meine gegenwärtigen Themen bot. Unversehens wurde ich mir durch den kleinen Vortrag noch mal über die Struktur der Ausstellung klar.

Mein Vorhaben, das Frankfurter Kraftfeld jetzt schon in Reliefform zu bringen, ist bislang noch nicht aufgegangen. Ich muss noch mehr Konzentration für die Umrissbilder aufbringen, Das muss mir aber gelingen, wenn ich die Zusammenhänge zwischen QUERWALDEIN und den Erinnerungen darstelle. Es fehlt noch an der Klarheit der drei Umrisszeichnungen, die ich für den ersten plastischen Schritt benötige. Am ehesten kommt dem das schwebende Boot nahe. Die armlose Puppe muss ich noch mal überarbeiten.  Das Motiv der Leuchtstoff-Kristall-Kathedrale könnte schon eingepasst werden. Ich sollte nun nicht mehr so lange zögern und einfach damit beginnen, die Motive übereinander zu zeichnen.

Wenn die plastische Materialität  erscheint, wird es auch wieder zu einer anderen Dynamik kommen, die zwischen Modellieren, Formenbau und Abgießen liegt.

Zäher Fluss des Zeichnens

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Gestern im Atelier hatte ich einen langen und ruhigen Nachmittag. Ich konnte mich ganz dem Waldmaterial hingeben, in Ruhe Transparentpapierschichten hintereinander anordnen. Auf ihnen sind zunächst immer noch die aufgezeichneten Wegabschnitte mit Tusche nachgezeichnet zu sehen. Dann kommen die Materialien, die auf einem Tisch liegen etwas sortiert dazu. Moose beispielsweise gehen gut mit ganz dünnen trockenen Gräsern zusammen.

Der Schellack löst die Tusche noch einmal an, verdunkelt sich dadurch partiell und schlierig. Diese Spuren machen das Fließen deutlich, das den Kontrapunkt zu den geraden Linien zwischen den Wegpunkten bildet. Ich bemerkte, dass die ganz kleinen Ästchen ähnlich wie die großen gebogen sind, mit denen ich im Wald meine Architekturen baue. Bis zum Abend habe ich einige Objekte mit feinen Strukturen collagiert, bin aber noch nicht so recht in die Dreidimensionalität vorgedrungen.

Die Bildstreifen des Arbeitstagebuches, die als Bildschirmschoner nacheinander geordnet aufleuchten, decken die Langsamkeit der Entwicklung der Motive auf, diesen unendlich vorsichtigen Prozess, der nichts überstürzen will.

Während des Laufens im Park, mit dem ich das Schreiben unterbrochen hatte, ging die Sonne zwischen den Bürotürmen auf. Die Zwillinge der neuen Europäischen Zentralbank strecken sich nun schon deutlich in den östlichen Stadthimmel.

Einen der kleinen Bergkristalle tauchte ich gestern in zähflüssigen Schelllack. Es stellte sich wieder diese eigenartige Spannung zwischen geradliniger Klarheit und eingefärbtem Fließen ein. Gestern dachte ich schon mal daran, Schelllack mit in den Wald zu nehmen, besondere Plätze damit zu markieren und sie immer wieder zu mit neuen Schichten zu versehen, wie die Heiligenfiguren in Indien die Schichten von Butter auf sich tragen.

Porträts

Nach vierzehn Jahren Wohnens in Frankfurt, bin ich gestern erstmalig im Goethemuseum gewesen. Das tat ich auch nur, weil gleich nebenan im Forum Fotografie eine Ausstellung von Porträts zu sehen war, die während einer Performance von Marina Abramovic im MoMa entstanden sind. Sie spiegeln in der Vielfalt der Besucher das eine Gesicht der Künstlerin wieder, die allen, so lange sie konnten in die Augen schaute. Das muss für die Künstlerin ein schmerzhafter Prozess gewesen sein. Auch dieser Schmerz ist in den Porträts sichtbar. 75 Tage saß sie 1545 Menschen gegenüber.

Mein Tagebuch lag gestern auf verschiedenen Tischen herum und ich schrieb etwas sporadisch, sonntäglich trödelnd zwischen den beiden Balkonen und dem Schreibtisch.

Auf einem Spiegelchen auf der Schreibtischplatte liegen drei kleine Bergkristalle, die ich in Schelllack tauchen möchte. Ich überlege, sie an einen dünnen Zwirn zu binden. Immer wieder zu tauchen und dann daran aufzuhängen. Vielleicht wäre es sogar möglich die auf diese Weise mit einem Dreiecksgitternet zu verbinden. Heute hätte ich Zeit, etwas länger im Atelier zu bleiben, um mich damit beschäftigen zu können.

Spiegelnde Unendlichkeit mit Bewegungsverzögerung

Immer wieder erneut die Spiegelsituation im Pavillon gegenüber. Ein paar Etagen weiter oben könnte ich von dort aus auf meinen Schreibtisch schauen. Ich frage mich, ob es zwischen zwei gegenüberstehenden Spiegeln durch die endlose Perspektive nicht zu rückkopplungsähnlichen Verzögerungen kommen müsste. Im lichtschnellen Hin und Her sollte sich doch die Zeit addieren um dann in der Ferne zum Verschleppen von Bewegungen zu führen. So würde ich ganz gerne den Vortrag beginnen, zu dem ich in den Pavillon eingeladen bin.

Im Atelier stellte ich weitere Collagenobjekte her. Lange getrocknete Grashalme tauchte ich in Schelllack, um sie dann auf Transparentpapier zu legen. Darauf hatte ich zuvor eine Wegesequenz gezeichnet und sie zusammengefaltet, so dass sich symmetrische Strukturen entwickelten. Diese wurden zum einen durch die Gräser und zum anderen durch das Fließen des Lacks gebrochen.

Ich kam noch nicht dazu, mit Dreiecksgitterstrukturen zu arbeiten, in die ich Transparentpapierobjekte einfügen könnte. Ich weiß auch nicht ob ich es noch bis zur Ausstellung schaffen werde, dem Ganzen eine Dichte zu verleihen, die ausstellenswert wäre. Aber auch ohne diese habe ich schon genügend Material, mit dem ich den Raum füllen kann.

Dem kalten Grün kann ich mit kaltem Rot nicht auf den Leib rücken. Der kalte Kristall verlöre seine Scharfkantigkeit, würde ich ihn immer wieder in Schelllack tauchen, bis eine bernsteinfarbene Schicht ihn rund und sanft umschlösse.

Flüssigkristall

Nach meinem letzten Bergkristallfund und der Kristallisation von G`s Weg spielen die Dreiecksgitternetze wieder eine größere Rolle innerhalb meiner Zeichnungen. Gestern ist im Atelier ein Transparentpapierobjekt entstanden, bei dem ich ein Kristallareal aus der Sequenz übernommen habe. Daraus ist die Silhouette eines Kleides entstanden. Ich lernte dabei, wie das Gehirn die Dreiecksangebote zu einem Umriss zusammenstellt, ohne dass ich darüber nachdenken musste. Ab einem bestimmten Zeitpunkt, als mir auffiel, was der Umriss darstellte, sträubte ich mich etwas dagegen und gab ihm eine andere Note. Vollends verschwand der illustrative Charakter des Blattes, als ich es zusammenfaltete und damit dann weiter arbeitete. Der Schellack verflüssigt die angetrocknete Tusche und damit die kristalline Struktur noch etwas. Somit steigt die Spannung zwischen den verschiedenen Schichten.

All diese Zeichnungen produziere ich im Hinblick auf die Ausstellung auf der Mainzer Landstraße. Gleichzeitig befindet sich der Vorgang aber sehr unauffällig im Strom der allgemeinen Kontinuität.

Der Hügel von Waldmaterial auf einem weiß gedeckten Tisch erzeugt eine besondere Wirkung. Die Fichtennadeln, Zapfenschuppen, Ästchen und die Erde bekommen in der städtischen Umgebung etwas Fremdes und Wertvolles.

Nach all der Kristallarbeit scheint es mir auch richtig eine metallenes Dreiecksgitternetz mit in den Raum zu hängen. Vielleicht könnte ich sogar noch ein Holz-Transparentpapierobjekt bauen, das Artefakte in Schellack eingeschlossen beherbergt.

Beruhigende Lackschichten | blasige Aufregung

Wenn die Linien eines HANG GANGS mit denen aus der Stadt übereinander gelegt würden, könnte Ich am Hang probieren anhand dieser Orientierung, den Mainzer Weg in den Wald zu transferieren und ihn dann dort auch zu gehen. In der Stadt müsste zunächst eine „Basic-Wanderung“ unternommen werden mit Wegpunkten und Rundumfotos. Wahrscheinlich ist es wenig sinnvoll, das vorher vollständig durchdenken zu wollen. Gut wäre es, noch vor dem nächsten HANG GANG, eine Stadtwanderung zu machen, um im Wald das Pendant gehen zu können.

Im Atelier beschäftigte ich mich mit der Waldlinie, die auf der Mainzer verschiedene Räume berührt und sie somit öffnet und in Besitz nimmt. Das Ganze zeichnete ich auf Transparentpapier und verarbeitete dann verschiedene Varianten mit Schelllack weiter. Drei dieser collagierten Arbeiten könnten zu einem neuen Zweig der Arbeit führen.

Diese Beschäftigung ist eine gute Abwechslung gegenüber den anderen Suchaktionen, die mich eher etwas einengen. Die Leuchtstoffkathedrale lässt etwas auf sich warten. Gestern hatte ich in einer Überlagerung von einem Waldfoto mit senkrechten Stämmen und einem Ausschnitt des Kristallbereiches der Wegesequenz von Gudrun, ein kathedralenähnliches Bild gefunden. Mir fällt ein, dass ich die digitalen Varianten meiner Kristallarbeit vom Anfang des vergangenen Jahres noch nicht mit einbezogen habe. Diese Technik beherbergt noch weitere Möglichkeiten, das Bildmaterial des Leuchtstoffkristalls anzureichern.

Das Material. Das ich im Wald gesammelt hatte, habe ich auf einen Tisch gekippt. Nun verarbeite ich es mit Schelllack, wodurch kleine Skulpturen entstehen, die das Holz beruhigen. Zwischen den Transparentpapier-Schichten hingegen geht es eher um blasige Aufregung.

Vor dem Atelier liegt der große Stein mit den Kristalleinschlüssen, den ich aus dem Wald mitgebracht habe. Ich möchte ihn in das Schaufenster legen.

Waldweg mit Stadtarealen | Ausstellungsstein

Gestern habe ich begonnen, mit der Linie, die ich als letzte am Hang aufgenommen hatte, zu arbeiten. Ich schob sie auf die Mainzer Landstraße und bearbeitete diese Bild dann mit einem „Konturenfinder“. Dieser stellt Verbindungen zwischen der Linie und an der Straße gelegenen Arealen her, die von der Linie nach ihrem Transfer berührt werden. Diese Tiefenschärfe lässt sich stufenlos regulieren, sodass die Areale mal größer und mal kleiner sind.

Am Hang pflegte ich gestern meine Landschaft und die darin stehenden Objekte. Ich ging ruhig und versuchte schon über das Material nachzudenken, das ich mit ins Atelier nehmen wollte. In einer Tüte sammelte ich Tannenzapfenschuppen, Rindenteile, Tannennadeln und viele Dinge, die es dort im Übermaß gibt.

Auf dem Rückweg habe ich einen großen Stein mit schönen Kristalleinschlüssen ausgegraben. Als flache Platte steckte er recht tief im Boden. Um mir keinen Kristall entgehen zu lassen, grub ich ihn ganz mit den Fingern aus. Er passte gerade so in den Rucksack und sein Transport bis zum Auto war eine Herausforderung. Deswegen ging der Rückweg schnell.

Gestern hatte ich erstmalig das Gefühl, dass es sich bei diesem Hangweg um eine gepflegte Landschaft handelt.

Koppelungen | Kristalline Bildentsprechung

Vor mir auf dem Schreibtisch liegt die Tabelle loser Kopplungen organisationaler und gesellschaftlicher Handlungen, die mir Eberhard gestern in die Hand gedrückt hat. Mein gestriger bildlicher Arbeitsansatz war, dass ich für die stark reduzierten und gleichzeitig verdichteten Beziehungsbeschreibungen verschiedener gesellschaftlicher Felder, wie Religion, Politik oder Kunst ein Äquivalent ähnlicher künstlerischer Verdichtung schaffen wollte. Es geht dabei um die gegenseitigen Einflüsse. Ich bezog mich dabei auf meine gegenwärtige Arbeit der Verflechtung, Kristallisation und erneuter Verflüssigung. Grundlage war die Wegsequenz von G`s HANG GANG Linie. Aus diesem Feld wählte ich vier Quadrate aus, die ich wie die gesellschaftlichen Felder der Tabelle anordnete. Dann lagerte ich sie nach diesem System transparent übereinander und erreichte so eine bildliche Entsprechung für die gegenseitige Beeinflussung der Bereiche. Der Einfachheit halber habe ich das mit einem Grafikprogramm gemacht, um nicht zu viel Zeit dafür aufwenden zu müssen. Im weiteren Verlauf nahm ich mir die Zwischenräume vor, die frei geblieben waren und umrandete sie. Das Gleiche tat ich mit den dunklen Überlagerungen der Linien. Somit habe ich eine strukturelle Entsprechung entworfen.

Vorher am Nachmittag widmete ich mich noch mal der Verdichtung von G`s Wegegeflecht. Aus der ins Kristalline transferierten Konzentration entstanden am Ende wieder Felder, die zu einer Verflüssigung des Ganzen tendierten. Das jetzt weiter zu führen, würde einen Zeitaufwand bedingen, der die anderen Projekte für die Ausstellung gefährden würde. Ich muss mit dieser Sequenz zum Schluss kommen und die Kathedrale finden.

Abbildungen von Stadtorten in der Stadt, die Wegpunkten im Wald entsprechen, könnte ich an diesen stellen im Wald fotografieren und umgekehrt

Verdichtetes Dreiecksnetz | Leuchtstoffkristall

Im Atelier begann ich sofort an der Leuchtstoffkathedrale zu arbeiten. Ich verdichtete das Dreiecksgitternetz so, dass sich schon schwarze Felder bildeten. In diesem Moment dachte ich das Leuchten durch Negativeffekte herzustellen. Das ist allerdings nicht die einfache Lösung, eine Umrisszeichnung des Erinnerungsbildes herzustellen.

Leuchtstoffkathedrale, Schwebendes Boot, armlose Puppe, klare Bilder, die aber noch klare Umrisse brauchen.

Den kleinen elektronischen Bilderrahmen will ich mit tausend Bildern eines Zeitraums von einem Jahr bespielen. Dieser soll in Augenhöhe, ganz nahe an der Scheibe des Schaufensters hängen. Diese Zeichnungen ergänzen die datierten Notizen des Arbeitstagebuches, die ich ebenfalls teilweise auslegen will.

Morgen werde ich im Wald beginnen, Material zu sammeln, das ich für die Installation benötige. Wenn es zur Verfügung steht, werde ich sehen, was ich damit anfangen kann: zu Asche verbrennen, in Schelllack gießen oder einfach im Raum platzieren.

Datumsbilderinnerung

Am Morgen dachte ich an die Mauer. Wahrscheinlich hat sich das Bild dieses Datums direkt mit solchen aus dem Grenzzusammenhang verbunden. Ich erinnere mich an einen französischen Sänger, der während eines Auftritts im Palast der Republik das harmlose Liedchen vom Butterfly sang, dabei aber die Zeile „die Mauer muss weg“ in seiner Heimatsprache einfügte. Ganz gegenwärtig ist mir auch das ohnmächtige Gefühl der Vergeblichkeit gepaart mit der Sehnsucht nach der unermesslichen westlichen Freiheit hinter dieser Grenze. Ich wusste, dass meine Altersgenossen mit Interrailtickets und wenig Geld durch ganz Europa fuhren.

Gestern stand direkt am Rhein über dem Webeschild eines Immobilienhändlers die gekritzelte Parole: „Islam statt Demokratie“. Dass ich darauf so vehement reagiere, liegt sicherlich an meinen Jugenderinnerungen. Dennoch überraschen mich die Radikalität und der Fanatismus der dritten Einwanderergeneration immer wieder.

Am Abend hörte ich während ich in der Dämmerung meine Pflanzen am Atelier wässerte, barocke geistliche Chormusik aus Spanien und dachte dabei an den sanften Moselwein des Nachmittags.

Kölner Arbeitszimmer

Köln. Nahe bei meinem Buch liegen lauter fremde Dinge auf dem fremden Schreibtisch. Durch das gekippte große Fenster dringt der vertraute Ruf von Ringeltauben. Noch steht die Sonne hinter den Schieferdächern der Häuserzeile, die nach Südosten ausgerichtet ist.

Das Arbeitszimmer einer Schriftstellerin. Die Wände sind mit zusammengehörenden Fotos bedeckt. Straßenszenen – kleinere und große geografische Zusammenhänge, Grundrisse, Stadtkarten und Landkarten zeigen, wohin die Fotos gehören.

Das Sammelsurium von Fotos. Körbe Blechkanister Karren – die Dürftigkeit aus einer anderen Zeit. Die Materialität hat für mich etwas Anziehendes – keine Plastikgegenstände, die in ihrer Unverwüstlichkeit unverschämt lange überleben.

Kaum eines meiner eigenen Arbeitsbilder hat mich in diesen Morgen verfolgen können. Nur wenn ich zurückblättere, Steigt wieder die Neonkristallkathedrale auf.

Kristallisierte Bewegung

Gegen vier Uhr dreißig bin ich am Morgen aufgestanden, um mich ins Auto zu setzen, um zu einer Party auf dem Tevesgelände zu fahren. Am Nachmittag berichteten mir die Veranstalter, welchen Charakter das Ganze haben sollte. Dabei ging es um Skulptur, um elektronische Bild-Experimente und um elektronische Musik.

Unter der Eisenbahnbrücke stand ein Laserprojektionsgerät, das von tiefen Beats untermalt scharfkantige Muster an die alten Gemäuer warf. Wenn es dann bei der Skulptur auch um handwerkliche, fern vom Elektronischen gelegene Fähigkeiten geht, deckt sich Dilletantismus auf.

Jetzt am Morgen, mit der Sonne auf dem Balkon im Rücken, sitze ich unter der akustischen Glocke der Stadt. Besonders das ständige kreisen des Flugbetriebs baut eine akustische Architektur zwischen Stadt und Stratosphäre.

Im Atelier arbeitete ich an Gudruns Wegsequenz weiter. Ihr Weg schwang ausschweifend über die zehnprozentige Steigung und reizte mich zu einer Einschränkung des verflüssigten Gehbildes. Ich floh in der Verdichtung zur Kristallisation. Strukturell lehnt sich das an Trixel-Planet an. Interessant dabei ist insbesondere der Übergang von den weich fließenden Formen zum Kristall, der dann zur skulpturalen Form wird. Ich bin neugierig wie sich bei dieser Sequenz die Leuchtstoffkathedrale herauskristallisiert.

Am frühen Morgen sah ich neben der Mondsichel eine deutliche Venus. Das kalte Ende der Nacht erlebte ich wie auf dem Boden eines sehr klaren Swimmingpools, auf dessen stiller Oberfläche Leuchtkörper treiben.

Ich denke derzeit an Kleinskulpturen aus gegossenem Schelllack mit eingeschlossenen Materialien. Vielleicht kann ich tote Insekten einschließen, wie in Bernstein.

Interferenzen bei Photonenstrukturen

Dicht gedrängte Müdigkeit auf der Documenta gestern. Ich schaue darauf, um an dem haften zu bleiben, was für mich außerhalb des Hirns der Kuratorin Kristov-Bakardiev übrig bleibt.

So gab es eine Annäherung an die Physik der Quantenmechanik in mehreren Experimentaufbauten. Diese ähneln schon in ihrem Äußeren manchen künstlerischen Exponaten. Oder sollte man, wie die Chefin mein, nur noch von Werken sprechen? Im Stadium ihrer Forschung sind die Physiker verblüfft, dass Teilchen, die durch zwei Spalten geschossen werden, zu Interferenzen neigen, wie es eigentlich nur Wellen tun. Die schöne Wissenschaftlerin in ihrem blauen Kleid erklärte uns lächelnd, dass sie an dieser Stelle aufhören zu fragen, bzw., dass das Wissen um diese Verhaltensweise, das Verhalten der Teilchen wieder verändert…

Eine Arbeit aber hat mich denn doch in ihrer Einfachheit berührt. Eine Künstlergruppe aus Mumbai, die sich CAMP nennt, stellte Handyvideos von indischen Seeleuten zusammen, die sie sich gegenseitig schicken. Abenteuerliche Holzschiffe, vierstöckig mit Ziegen beladen unter der gnadenlosen Sonne des Arabischen Meeres.

Wegpunkte | Berlin | Delhi

Gestern war ich noch mal alleine am Hang. Vier Wegpunkte habe ich gesetzt, die ich nun auf den Verlauf des transferierten Weges auf der Mainzer verschieben werde. Gestern nahm ich auch noch die Autofahrt mit auf. Das tat ich eigentlich nur aus dem Grund, dass das GPS unterwegs lange genug die Möglichkeit hat, Satelliten zu suchen, um dann am Start des Weges schon genauere Aufzeichnungen machen zu können. Die Punkte werden auf ihrer Reise in die Stadt Verwandlungen unterworfen, die durch die Arbeit im Atelier entstehen. Es handelt sich um die Steinplatte am Anfang des Weges, um die Spiralschichtung, an der ich mit Monika gearbeitet habe, um das Bootsgeflecht, das die Erinnerungsfigur von Maj in sich trägt und um die Grasspirale am Endpunkt des Weges.

Gestern grub ich im Bereich einer älteren Bodenskulptur nach Kristallen. Diese Verbindung zwischen Erdaushub und Steinsetzung kommt schon an einigen Stellen des Weges vor. In der Nähe des Weganfangs habe ich an einem schweren Stein einen großen Kristall gefunden. Ich widerstand dem Impuls ihn heraus zu brechen und werde ihn einfach in meine Führung einbauen.

C. hat meinen Vorschlag für eine Dialogwanderung zwischen Delhi und Berlin, also zwischen mir und Vinzenz an die Universität in Delhi weitergeleitet. Dort sind sie offen dafür.  Schon vor ein paar Jahren hatte ich den Gedanken, Delhi wandernd zu erschließen.

Ohne Verdichtung keine Kathedrale oder Katze oder Schlange

Gestern probierte ich die erste Leuchtstoffkathedralenidee und scheiterte am beschriebenen verkürzten Vorgang. Ich muss dabei bleiben die Linien zunächst in einem abstrakten Labyrinth oder Geflecht zu verdichten, sei es mit den Aufzeichnungen des HANG GANGS oder mit denen eines Objektgeflechtes. Die aneinander gereihten Leuchtstoffröhren sahen falsch aus, ich merkte es gleich.

A. holte ich am Mittag für unseren HANG GANG auf Teves ab. Im Wald war er ziemlich schnell unterwegs. Ganz anders als in der Ruhe der Frauen, drängte er vorwärts, erklomm die Steigung, packte an, schritt aus. Deutlich wird das auch auf der GPS-Linie, die erst nach einem Viertel des Weges zu genügend Satelliten Kontakt aufgenommen hat, um eine differenzierte Linie zeichnen zu können. Auch seine Erinnerungsbilder kommen aus größerer Entfernung, sofern das sein Alter zulässt. Als prägnantes Bild erhielt sich mir eine tote Schlange, die ein Englischlehrer in seinen Rucksack packte, um sie seiner Katze mitzunehmen. Pinienzapfen auf dem Schulhof, Lagern im Gras. Zu Hause konnte ich dann gleich gestern  seine Linie und die Fotos von unterwegs auf die Rechner spielen. Nun beginne ich damit zu arbeiten.

Heute ist der Mittwoch für meinen HANG GANG. Ich werde nun die Koordinaten der Installationen aufnehmen, die bisher eine Rolle bei den Erinnerungsfiguren spielen: das Bootsgeflecht, der Spiralstapel mit der armlosen Puppe – und vielleicht suche ich noch ein Geflecht für die Kathedrale. Die Wegpunkte werde ich dann auf die Mainzer transferieren.

Leuchtstoffröhren | Wegaufzeichnung | Transfer

Eine Idee für das Erinnerungsbild von G., der Leuchtstoffröhrenkathedrale. Wenn ich ihre Wegverschlingungen auf Google Earth sehr stark vergrößere, so bestehen sie aus lauter aneinander gereihten und zusammengesetzten Geraden. Fügte ich dies zu einer stark überlagerten Sequenz, bei der nur die vorderen Röhren nicht überzeichnet würden, wäre es zugleicht das Konzept für ein Leuchtstoffröhrenobjekt und wäre die dreidimensionale Umsetzung der Erinnerung. Soweit möchte ich aber diesmal nicht gehen. Es wird nur erst mal die Zeichnung geben.

Ich unternahm gestern einen Stadtgang durch die Mainzer, über den Güterplatz bis zu Jahanara. Dieser Ort vor den Futterstübchen fällt mit dem Endpunkt des Taunusweges zusammen, wo ich in ritueller Widerholung mit Gängen ein Stück Rasen in Spiralform lege – der Schwindel jedes Mal. Der Anfang des Weges mit der Steinplatte, auf der stehend man das erste Viertel der Wegzeichen überblicken kann, ist vor das Schaufenster an der Galluswarte projiziert. Zwischen diesen Orten, den Figuren auf dem Weg und den transferierten Wegpunkten auf der Mainzer Landstraße, will ich nun Beziehungen herstellen.

Fichtenäste im Schaufenster

Am Morgen hatte ich meine Tagebucharbeit zügig hinter mich zu bringen, was den Zeichnungen oft eine gewisse Leichtigkeit verleiht. Was ich allerdings derzeit mit ihnen will, könnte ich kaum formulieren, was mir aber auch recht ist.

Jan erklärte ich gestern, wie ich meine Holzinstallationen baue. Auf der Heimfahrt aus dem Spessart kamen wir am Schaufenster in der Mainzer vorbei. Einerseits überlege ich noch, wie ich mit der Symmetrie des Regals umgehe. Andererseits kommt mir in den Sinn, dass ich die gebogenen und verwitterten Fichtenäste dort zu einer Figur zusammenstellen könnte. Das Ganze ist eine Frage meiner Transportkapazität oder eine Frage dessen, was ich alleine ohne Hilfe hinkriegen kann. Diese Unabhängigkeit ist mir nach wie vor wichtig. Ich weiß schon, welche Äste sich am leichtesten abtransportieren lassen. Sie liegen ganz unten am Hang und sind recht kräftig und groß.

Unterschiedliche Geschwindigkeiten

Das Wasser für die Kaffeemaschine wird abgekocht. Beim Abkühlen fällt Kalk aus, den ich aus einem Filterpapier nach dem Trocknen in ein kleines Porzellangefäß fülle. Mit den vielleicht zehn Gramm möchte ich dann eine kleine plastische Arbeit anfertigen.

In diesem Zusammenhang denke ich an die Dinge, die ich in das Regal meiner Schaufensterausstellung legen kann. Ganz gerne hätte ich mehr Waldmaterialien außer den Kristallen. Moos könnte ich mir vorstellen, Fichtennadeln oder verrottetes Holz. Auch Umwandlungen der Stoffe in andere Zustände wie Asche oder in Schelllack eingegossen würden passend sein. Vergehen, Versteinern, Zersetzung und Fäulnis sind Prozesse, die von der Atmosphäre eines Waldes etwas in die Stadt transportieren können.

Während der Arbeit am Handprint Frankfurt habe ich Fundstücke in Schellack eingegossen und zwischen Transparentpapierlagen geklebt. Das Papier kann Zeichnungen oder Schrift tragen, Fragmente der gewanderten Linien oder Rollsequenzen davon. Die Rollenproblematik stellt sich vielleicht von alleine dar, wie sie mit Zeit, Wiederholungen, Rhythmus und Musik zutun hat. Es wäre gut wenn ich im Schaufenster nichts zu erklären hätte.

Gestern Nachmittag habe ich die Wegesequenz von G. weiter verdichtet. In meinem Rolltor sitze ich dabei ein wenig wie auf einer Bühne. Alle können sehen, was ich da mache, können fragen. Es ist etwas wie eine Performance. Nun entsteht die Frage, ob ich das in das Schaufenster ausweiten sollte. Abzuwägen wäre, ob diese Art von Performance an einer so verdichteten Verkehrszusammenballung etwas mit mir und meiner Arbeitsweise zutun hat. Sollte ich es vielleicht einfach probieren? Die Zeit wäre jedenfalls nicht verloren, denn es würden Zeichnungen entstehen. Vielleicht ist diese Darstellung der langsamen Arbeit in einem Gehäuse, die richtige Reaktion auf den Ort der S-Bahn-, der Straßenbahn- und der Bushaltestelle. Gegen den Lärm der Güterzüge des ständigen Autoverkehrs, gegen die Zunahme der Geschwindigkeiten.

Freie Linien modellieren

Bei der Rollverdichtung der Wanderlinie von G. bin ich wieder ganz in meinem Element. Die Zeit dafür habe ich mir gestern im Atelier genommen und genoss die meditativen Stunden, die ich dabei am Tisch, im geöffneten Rolltor sitzend verbrachte. Zuvor vergrößerte ich noch Details von ihrem Weg, die bei geringerer Auflösung in ihrer engen Verknotung kaum zu entwirren waren. Nun kann ich mir auch vorstellen, die Kathedrale aus Leuchtstoffröhren auch in diesem Geflecht zu finden.

Ich sollte auch die Linie von M. verdichten, um noch mehr Material zum Auffinden fremder Erinnerungsbilder zu haben. Es sind nun noch weitere Teilnehmer für den HANG GANG zu finden.  Sie werden mich mit weiterem Material versorgen, das letztlich zu dem neuen Relief wird.

Ich hätte Lust, einmal freie Linien zu modellieren, oder die, die gewandert und durch die Rollsequenzen verdichtet worden sind. Das hieße den Prozess der Figurenfindung zu verkürzen und in den Arbeitsgang der Malerei zu verlegen. Das Relief wäre also vollständig abstrakt und Figuren würden erst später durch die Bemalung hinzukommen. Grundbausteine wären nur die Wanderungen der Teilnehmer. Wenn das Netz entsprechend dicht ausfällt, vervielfachen sich die Möglichkeiten der Figurenfindung.

Im Wald habe ich das Material eines zusammengestürzten Baus für einen neuen benutzt. Zwischen zwei Bäume flocht ich einen Stapel oder stapelte ein Geflecht. Ich überlegte, bei den Installationen gegenständlicher zu werden, verwarf das aber gleich wieder. Die Figuren müssten zu kunstvoll werden, und woran erinnert ein Boot im Wald? Allzu eng wären die Möglichkeiten.

Die Ausstellung auf der Mainzer wird nun langsam klarer. Eine zentrale Rolle wird ein Regal spielen. Die Dynamik der Veränderungen würde von seiner sich wandelnden Bestückung ausgehen und sich auf die verschiedenen Themen beziehen. Da gibt es beispielsweise das Thema KRISTALLWALD „Freie Linien modellieren“ weiterlesen

Wegzeichnung | Schaufenster | systemisches Zeichnen

Bei einem Besuch bei Schulz & Souard habe ich feststellen müssen, dass die Ausstellung der Reliefs wegen des Scheibenformates nicht so einfach ist. Der Einblick ins Schaufenster ist einfach zu klein, d.h. zu niedrig. Somit werde ich mich also auf andere, kleinere Formate beschränken müssen. Vielleicht kommt aber so dem Transparentpapierstreifen „WHERE…“, den ich für das Musikstück von David Morrow gemacht habe dadurch erstmalig eine Öffentlichkeit zu.

Im Schaufenster aber steht ein schönes Regal, das sich bestens für Waldmaterial und  teilweise zusammengerollte Transparentpapierstreifen eignen würde. Diese könnte ich dann nach und nach einzeln unterhalb des Regals ausgerollt zeigen. Vielleicht ist es sogar ein Glücksfall, dass die Höhe für die Reliefs nicht reicht, und ich komme so zu mehr neuem Material, das ich zeigen kann.

Gestern zeichnete ich den verschlungenen Weg von Gudrun auf einen größeren Transparentpapierbogen. Das ist eine sehr schöne Linie, die vielleicht noch mehr als Überlagerungsmaterial hergibt. Am Morgen dachte ich darüber nach, diese „Rollengesträuche“ auch als Geflechte für die Erinnerungsbilder zu nutzen.

Im Atelier arbeitete ich am „Finanzkommunikationsgeflecht“ weiter. Je mehr ich damit zutun habe, umso mehr wird mir klar, dass ich mich mit dieser Materie länger beschäftigen müsste, um etwas belastbareres Material erstellen zu können. Diese systemische Arbeitsweise liegt mir eigentlich sehr, müsste aber in diesem Fall eine Perspektive bekommen.

Fließendes Holz

Einen langen Nachmittag habe ich am Hang verbracht. Die Lichtflecken und starken Kontraste machten manchmal die Raumorientierung etwas schwierig. Immer mehr größere Figuren beginnen sich zu bewegen, drohen in sich zusammen zu sinken und werden von mir gestützt, umgebaut oder zurechtgerückt. Die hohen Temperaturen und die daraus resultierende Holztrocknung lassen die Konstruktionen ins Fließen kommen. Das Materialvolumen nimmt ab, die Oberfläche wird glatter und die klebrige schwellende Feuchtigkeit fehlt. Somit war ich gestern am ehesten mit Korrekturen befasst und Arbeitete eine Weile am Spiralstapel weiter. Zwischen die größeren Zweige legte ich Kleinstmaterial. Langsam geht mir in dessen Nähe das Material aus. Es muss von anderen Baumkreisen herkommen, deren Bearbeitung schon längere Zeit auf meinem Plan steht.

Gestern dachte ich mal daran große Figuren, die sich immer mehr in Diagonalen zusammenziehen, also in einer Spiralbewegung zum Boden sinken, nicht mehr weiter zu stützen, aber den Zusammenbruch zu dokumentieren. Die Energie die zum Holzwachstum, zum Abholzen und zum Bau der Figur nötig war, wird noch einmal anders, langsam sichtbar. Vor Augen hatte ich das Bild dieser alten Holzstapel und viele kleinere neue Geflechte und Schichtungen, Gräben oder andere Zeichen.

Werkcharakter des Archivs | fremde Erinnerungen

Zeitiger als sonst war ich gestern im Atelier, weil ich mit Herrn Schulz, meinem Aussteller zwölf Uhr verabredet war. Ich stellte fest, dass es immer mehr Konzentration bedarf, um die Komplexität der Arbeit jemandem zu erklären, der noch nichts davon gehört hat. Drei Tafeln des KRAFTFELDES legte ich draußen unter das Dach vor dem Atelier, damit er sie anschauen kann und sieht, was an Gestaltung auf ihn zukommt. Ich versuchte die Ebenen möglichst anschaulich aufzufächern und zu erläutern, woher die Zusammenhänge stammen. Auf die Frage nach Texten, die das Ganze etwas hinterleuchten, zeigte ich ihm mein aktuelles handschriftliches Tagebuch und erzählte von der Datei, die ich teilweise für die Ausstellung ausdrucken will. Klaus-Ludwig Schulz ist der erste Vorsitzende der Frankfurter Künstlergesellschaft, die schon 1857 gegründet worden ist.

Es ist spannend für mich, dass nun erstmalig das Tagebuch Gegenstand einer Ausstellung wird, somit den Sprung vom Archiv zum Werk vollzogen wird.

Nach unserer Begegnung habe ich an das Erinnerungsbild von M., einer Puppe ohne Arme gezeichnet. Ich merkte, dass das Aufnehmen und Verarbeiten fremder Erinnerungen weitaus schwieriger ist, als bei einer solchen Arbeit auf einen eigenen Fundus zurückgreifen zu können, wie ich das bisher mit meinen Transparentpapierrollenbildern gemacht habe. Allerdings schließen sich nun mit den neuen Figuren auch neue Welten auf. Als nächste steht eine Lichtkathedrale aus Leuchtstoffröhren auf dem Programm. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich mit den Gesträuchen umgehen soll, die die Motive umgeben. Sie zu reduzieren würde die Überlagerungen der Einzelmotive einfacher machen.

Nach der zweiten Stufe der Arbeit am Erinnerungsbild wendete ich mich dem Diagramm aus der Commerzbank zu. Dabei begann ich in bewährter Weise rollend Ornamentbänder zu zeichnen. Die ersten zwei sollen „Vertrauen“ und „Beschreiben“ als Zeichen wiedergeben. In der nächsten Phase werden sie nicht nur waagerecht verdichtet, sondern auch senkrecht überlagert, wo sie sich kreuzen. Diesen ersten Ansatz muss ich nun über eine zeit verfolgen, um herauszubekommen, wie sich die Vorgehensweise bewährt. Es gibt genügend Möglichkeiten, neue Ansätze zum Zeichnen zu finden. Ich bin auf das fertige A3-Blatt aus Transparentpapier gespannt, das über der Tabelle liegen wird.

Kristalline Verlangsamung

Es stauen sich einige zeichnerische Vorhaben, von denen ich nicht weiß, wann ich sie in Angriff nehmen kann. Ich wollte mich eigentlich in dieser Woche noch um die gewanderten Linien von M. und G. kümmern. Außerdem warten ihre Erinnerungsbilder auf meine Atelierbearbeitungen. Die Zeichnungen zur Tabelle aus der Commerzbank stelle ich mir recht frei vor. Ich will locker gezeichnetes ornamentales Material benutzen um die Überlagerungen so wie das Diagramm einzurichten.

Stattdessen arbeite ich an Projektbeschreibungstexten.

Heute habe ich ein Treffen mit Herrn S., für den ich auch noch ein paar Dinge heraussuchen will. Ich denke mittlerweile auch daran, innerhalb der Installation auch ein paar von den SYNAPTISCHEN KARTIERUNGEN zu zeigen. Sie reihen sich gut in die Rollenthematik ein, wobei hier eher Motive und Strukturen durch das Rollen zum Fließen gebracht werden. Das ist ein gegensätzlicher Aspekt zu den Figurensequenzen, die her eine kristalline Form einer extremen Verlangsamung aufweisen.

Am Gate of India

Meine Erinnerungen an das Gate of India, und die Parks, die es umgeben, stammen von einem kleineren Handprint, den ich dort gelaufen bin. Ich erinnere mich an vor Mikrofonen sitzende Prediger, die vor kleineren Menschenansammlungen sprachen, an die Zeltunterkünfte der Arbeiter, die mit dem Bau der U-Bahn beschäftigt waren, an einen reich verzierten Tempelwagen vor einem Museum und an die großen Wasserbecken, in denen sich die Menschen wuschen.

Common Circle | Pariser Platz

Mir geht Carolas Idee durch den Kopf, mit Vinzenz eine Dialogwanderung zwischen Berlin und Delhi zu unternehmen. Welche Art von Wissen dabei „generiert“ werden kann, müsste man überlegen. Natürlich wäre es gut, das Ergebnis ganz offen zu lassen und nur Strukturen, Vorgehensweisen und den Umfang vorher in etwa zu bestimmen. Als Startpunkte könnte man Common Circle und Pariser Platz nehmen. Die Echos der Stadtlandschaften, die in unseren Wanderungen erscheinen, die sich auch aufeinander beziehen, verknüpfen die Städte auf eine Weise, die dazu dienen kann etwas Neues in ihnen zu erkennen. Ich reagiere in Delhi auf ein Echo des Brandenburger Tores…. Zu den gelaufenen Strukturen kommen Fotografien, Fundstücke und abgeformte Architekturfragmente hinzu. Der Gips, mit denen die Artefakte gegossen werden wird mit Staub der Städte versetzt. Die Abgüsse können wir uns in Briefen einander zuschicken, sie in die jeweils entgegen gesetzten Wanderungsareale einfügen, wieder installieren und  fotografieren. Nun kann man die Gedanken mit Carola und Vinzenz weiterentwickeln. Weitere Ergebnisse entstehen während des Arbeitens vor Ort.

Eine andere Idee wäre auch, Handprint Berlin und Handprint Delhi zu koppeln. Arbeitstagebücher würden entstehen.

Puppe mit Maske | rituelles Wandern

Der zeichnerische Angriff auf das Erinnerungsbild von M. begann in der gestrigen Affenhitze im offenen Rolltor. Ich hatte den Gedanken aufgegeben, dass sich das Bild mit der Figur der Erinnernden übereinander schiebt. Ich hatte auch kein Foto aus dem Wald dabei und es erwies sich, dass es gut so war. Ich war also während des Zeichnens auf der Suche nach einer Puppe und tastete mich langsam an ihren armlosen Umriss heran. Der Kopf bekam eine afrikanische Maske. Das geschah von ganz alleine, ähnlich wie sich die Beschreibung der im Wald gestapelten Spirale mit der Struktur der Mentorenstadt befasste. Diese intuitive Vorgehensweise bedarf der späteren Klärung, damit die Schichten aufgedeckt oder hinzugefügt werden können.

In diesem Zusammenhang denke ich an mein Vorhaben eigener Erinnerungszeichnungen in Berlin und stelle mir die Frage, ob es sinnvoll wäre, sie aus Transparentpapiersequenzen, die sich mit gewanderten Figuren beschäftigen, zu entwickeln.

Ich bemerke, dass ich durch die Tagebuch- und Archivarbeit über mein Tun ganz gut im Bilde bin. Es kann sogar sein, dass die Fortentwicklung dadurch mit mehr Inhalten aufgeladen wird und zu einer größeren Verdichtung kommt.

G. hatte nach dem Studium der unseren Gang betreffenden Bemerkungen auf meiner Website noch mal Stellung dazu bezogen, dass sie mit der Verbindung zu sakralen Räumen nicht Religiosität meinte. Gleichzeitig gibt sie mir Recht, wenn ich den HANG GANG als eine rituelle Wanderung deute.

HANG GANG mit G.

Der Spiralstapel etwa in der Mitte des HANG GANGS wurde gestern noch einmal dichter. G. hat vorsichtig mit gebaut und hat einige deutliche Spuren hinterlassen.  Nach meiner Nachfrage fasste sie noch einmal die Erinnerungsbilder zusammen, von denen sie schon unterwegs in größeren Zusammenhängen gesprochen hatte. Ihre Essenz für mich ist ein Raum, der mit einigen Leuchtstoffröhren in eine Kathedrale verwandelt wurde. Diesen Kathedralenblick hat sie am Hang wieder gesehen, inmitten der Verdichtungen der Orte, die sie mit heiligen Orten verglich. Somit hatte unser Gang etwas von einer rituellen Wanderung, deren religionsnaher Charakter mir nun stärker ins Bewusstsein tritt. Passend dazu unser gemeinsamer Gang am Ende des Weges, der das Gras in die Spiralrichtungen biegt.

Dieses Ritual hat seinen Ursprung in den Wanderungen, die ich als Reaktion auf Vorgänge in der Stadt unternahm. Sie waren eine Kompensation der Zumutungen, die sich auch aus dem geografisch-topografischen Projekt für die Frankenallee ergeben hatten. Letztlich löst sich nun eine unvollendete Arbeit in einem freien räumlich ausgedehnten Vorhaben, dessen Zeit und dessen Raumausdehnung unbestimmt sind. Auslöser für dieses Ritual war demnach eine unaufgelöste Situation in der Stadt. Zunächst waren die Wanderungen nur eine Kompensation der Enge, in der die Gedanken zu den Wanderungsspuren und deren Folgen für den urbanen und geistigen Raum nicht wurzeln konnten. Ein engmaschiges Netz von Querwaldein-Wanderungen führte zunächst zu einer genaueren Kenntnis des Hangs dsn Kleinen Feldberges.

Die Idee, die Waldgegend zu gestalten kam erste nach einigen Jahren. Der Impuls war das schlechte Gewissen, die Mittwochnachmittage in dieser Weise zu vertrödeln. Das erwuchs aber sicherlich auch der Kraft, die ich aus diesen Wanderungen schöpfte. Diese Energie wird nun wieder dem Raum zuteil, bzw. den Menschen, die sich am Ritual beteiligen. Die Reaktionen derer können sehr unterschiedlich ausfallen, so unterschiedlich, wie auch die Raumbezüge zwischen den Installationen, die sich zu diesem weiten Ensemble zusammenfügen. Ich stelle diese Arbeit als Reaktion auf die Vorgänge in der Stadt vor. Nun geht es um die Reaktion der Stadt auf diesen Wald.

Gespräche | Bildsysteme | Raster

Der Spiralstapel ist bei genauer Betrachtung sogar in fünf nahezu Vertikalen eingeflochten. Es sind Stängelchen und keine Stämme, die sich noch hinzugesellten. Aus einer Aufnahme habe ich eine brauchbare Vorlage für eine Transparentpapierzeichnung gemacht. Die könnte nun wieder der Ausgangspunkt für die Sequenz sein, mit der ich die Puppe, deren Arme ausgerissen sind entwickle. Meine Sicht auf die fremde Erinnerung wird eine entscheidende Rolle spielen. Die Körper der Erinnerung und der Erinnernden verbinden sich.

Der Spiralstapel ist nun schon der Projektionsraum für verschiedene Vorgänge. Das könnte den Schlüssel für die künstlerische Begleitung verschiedener Kommunikationsstrukturen bieten. Die Zeichnung die ich auf Transparentpapier gemacht hatte, legte ich auf die tabellarische Aufstellung von Herrn Schnebel, legte noch eine kleinere Sequenz hinzu und fotografierte das Ganze. Die Überlagerungen innerhalb meiner Sequenzen kommen den losen Kopplungen in gewisser Weise nahe. Dort begegnen sich Figuren und Strukturen aus unterschiedlichsten Bereichen.

Auch die Mentorenstadt mit ihren verschiedenen Geschwindigkeiten findet hier ihre Entsprechungen. Die unterschiedlichen Radien der Rollbilder stellen Raumzeitmaße dar. Ein  System zur Unterstützung von Kommunikationsvorgängen könnte entstehen.

Ich erinnere mich an meine Holzschnittserien aus den achtziger Jahren. Bei ihnen ging es um die Überwindung einer linearen Erzählstruktur. Es sollte ein Geflecht aus Motiven entstehen, das sich gleichzeitig aus verschiedenen Erzählebenen speist.

Mit der Tabelle könnte ich diesen Anfang, den ich nicht weiter verfolgt hatte, weil Bilder an sich schon verschiedene Zeitebenen in sich tragen, fortsetzen. Es wäre die Einrichtung eines Bildrasters aus verschiedenen Motiven, die übereinander gedruckt zu einem größeren Format zusammen finden könnten.

Zeichen reagieren aufeinander

HANG GANG mit Monika. Ihre Kommentare sind sehr sparsam. Umso spannender die Erinnerungsbilder, deren zeichnerische Umsetzung nun auf mich wartet. Ich werde versuchen, sie wieder aus den Gesträuchen, die wir uns angesehen, oder an denen wir gemeinsam gebaut haben, zu entwickeln. Vielleicht gelänge es mir auch, ihren Weg, den ich mit GPS aufgezeichnet habe mit in die Bildfindung einzubeziehen. Gerne würde ich ein Zeichen in eines der entstehenden Gesträuche verstricken.

Ich kam während unserer Wanderung dazu einiges zu reparieren, zu fotografieren und weiter zu flechten. In dem derzeitigen starken Sonnenlicht hat man nicht so sehr viel vom Weg. Die kontrastreichen Lichtflecken mit den dazugehörigen Schatten verhindern einen weiten Überblick über das Baugeschehen am Hang. Das ändert sich bei Nebel oder dann, wenn das ganze Grün etwas abnimmt, das Gras nicht mehr so hoch steht und die Büsche die Blätter verlieren.

Ich werde mich künstlerisch mit einem Papier von Hernn Dr. Schnebel auseinandersetzen, dessen tabellarische Aufstellung „Lose Kopplung in organisationalen und gesellschaftlichen Handlungen“ heißt. Es geht um Kommunikationssysteme zwischen verschiedenen Welten. Vielleicht geht es in meinem Falle eher um Zeichen, die miteinander reagieren und zu Bildkompositionen werden.

HANG-GANG

Gespräch über die Zusammenhänge von Spiralform und unterschiedliche Geschwindigkeiten. Ich erzählte von den Zusammenhängen zwischen dem Spiralobjekt am Hang und der Einrichtung einer Struktur für die Mentorenstadt Frankfurt. Das Verhältnis des Objektes zu diesem Vorgang in der Stadt ist vielfältig. Letztlich aber wird die Verbindung nicht durch mein Nachdenken am Schreibtisch deutlich. Wichtig ist, was während der Arbeit im Wald passiert, und wie es auf die Stadt wirkt.

HANG-GANG

Das Spiralprinzip wird in mehrfacher Weise auch in den Sequenzen auf den Transparentpapierrollen angewandt. Auch im zweidimensionalen Bereich der Tagebuchzeichnungen tritt sie immer häufiger auf. Gewanderte Spiralen haben auch eine dreidimensionale Struktur. Man könnte sie mit Draht nachbilden.

Manchmal sitze ich im Cafe gegenüber und spiele mit dem Schreibtisch-Kontrapunkt Pingpong. Im September sollte ich ja einen Vortrag über meine Arbeit halten und würde dabei ganz gerne über das FRANKFURTER KRAFTFELD sprechen. Dabei habe ich das Gefühl, dass die Spiegelsituation zwischen Cafe und Arbeitsplatz eine besondere Herausforderung bildet. Ich habe darüber noch einiges nachzudenken: das Spiegelbild spiegeln, die spiralförmige Videorückkopplung, die Geschwindigkeit mit der das geschieht.

Verdichtung im Spiralraum

Gerade habe ich mich für eine Wanderung morgen Nachmittag verabredet. Ich werde das Navigationsgerät mitnehmen, damit wir die gelaufene Linie aufzeichnen können. Dasselbe tue ich dann auch am Donnerstag mit einer weiteren Teilnehmerin. Alle Linien will ich dann in einer Bilddatei bündeln und sie zur weiteren Bearbeitung bereitstellen. Kein Ziel, nur Neugier…

Die größeren und höher auflösenden Formate, aus denen ich nun die Archivbildstreifen zusammensetze, machen besonders auf der Website einen besseren Effekt und einen  qualitativen Sprung. Das war ein Vorschlag von Vinzenz! Eine Veränderung der Qualität der Transparentpapiersequenzen, wäre vielleicht auch über eine simple Vergrößerung des Formates zu erreichen.

Ich möchte es hinkriegen, dass ich bei den Führungen auch etwas mehr bauen kann, als bei den letzten Wanderungen, während derer ich Interessenten den Weg zeigte. Es reizt mich beispielsweise sehr, die Spiralarchitektur als Kommentar zur Struktur der Mentorenstadt weiter zu verdichten. Somit kann ich in dieser Phase das Projekt nur mit Kunst begleiten. Die Verdichtung des Spiralobjektes könnte ich jetzt schon zeichnerisch vorwegnehmen.

Die Spirale taucht als Thema immer mal auf. Vinzenz schickte ich meine im Park gelaufenen Spiralen und bat ihn um einen gewanderten Kommentar.

Stapelsequenz | Kontrapunktwanderungen

Beim Nachdenken über diese Transparentpapierzeichnung habe ich einen gewissen Erneuerungsdruck. Die Bootssequenz hatte ein eindeutiges Ziel, war auch ganz anders angelegt, nicht auf Verdichtung aus. Diese Sequenz begibt sich wieder ins Ungewisse und bildet aber vielleicht dadurch einen besonderen Nährboden für neue Erinnerungsbilder meiner Mitwanderinnen. Durch eine konzentrierte Verdichtung kann eine ganze Erinnerungsszenerie entstehen.

Der Handprint Berlin ist bislang etwas zersiedelt. Das kommt aber einer neueren Struktur entgegen. Die Wanderungslinien sind etwas dezentralisiert und müssen später zu einem Gebilde zusammenwachsen.

Vielleicht lassen sich kontrapunktische Wanderungen mit Vinzenz anfertigen. Ich würde gerne einen Wanderungsdialog mit ihm beginnen.

Elektrischer Kontrapunkt | Spiralstapel

Gestern zeichnete ich im Atelier noch mal mit den Linien des Stapels aus dem ich das Erinnerungsboot gewonnen habe. Ich begann mit zwei Takten einer Fuge auf Transparentpapier. Das Zeichnen hat sich gestern wieder deutlich mit der Musik verbunden. Ich hörte dabei „die Kunst der Fuge“ von Bach, „Different Trains“ und „Electric Counterpoint“ von Reich.

Ich las vorgestern einen Bericht über die Kompositionsarbeit an „18“ von Steve Reich. Die Übereinstimmungen der Vorgehensweisen mit meinen Rollbildern oder mehr noch bei meinen Transparentpapiersequenzen sind vorhanden und bestätigen mich auch in meinem Tun.

Es gibt im Wald bildnerische Kommentare zum Geschehen in der Stadt. Der Raum, den eine Skulptur im Wald einnimmt, die man durchschreiten und in dieser Weise körperlich spüren kann, an der ich unter verschiedenen Licht- und Wetterbedingungen immer weiter baue, hat seine Entsprechung im urbanen Raum. Der Spiralstapel beispielsweise lehnt sich an die Vorgänge beim Einrichten der Mentorenstadt Frankfurt an. Die Verbindung entstand erst nach der Arbeit an Ihm in meinem Kopf. Die Räume überlagern sich und werden auch durch die Erlebnisse mit meinen Begleitern in andere Gefilde transferiert.

In der kommenden Woche werde ich zwei Erinnerungsbilder hinzu bekommen, mit denen ich dann schon beginnen kann ein neues Geflecht zu produzieren.

Baumkreise | Spirale

Meine Gedanken kreisen noch um den Spiralstapel im Wald. In meiner Erinnerung schlang er sich gestern um einen Stamm einer einzelnen alten Fichte. Auf den Fotos muss ich nun erkennen, dass es drei kleinere Stämme sind. Mittlerweile stellte ich mir die Struktur so vor, dass sie sich wie eine geschlossene verfilzte Decke um den Stamm wickelt. Die Dichte der Äste, die als Auflage dienen, würde das ermöglichen. Nun aber, bei genauerer Erinnerung und beim Anschauen der Fotos, kann ich von einem noch kompakteren und tieferen Geflecht ausgehen, das auch Querhölzer aufnehmen kann. Nun könnte es allerdings sein, dass das Material in diesem Baumkreis, der eigentlich aus drei Baumkreisen, die sich überlagern besteht, dann knapp wird. Es spräche aber auch nichts dagegen, wenn ich mich aus den anderen benachbarten Kreisen bedienen würde. Die räumliche Nähe zu ihnen würde das leicht machen.

Dieses Vorhaben rückt nun auch endlich das Potential in den Mittelpunkt, das dieses Areal der alten Fichten mit ihren Baumkreisen in sich trägt. Schon seit einer Weile schleiche ich um diesen Platz herum und will ihm mehr Gewicht geben. Von sich selbst aus hat das Areal schon eine ganz andere Präsenz als die Umgebung. Aber gerade diese Auffälligkeit hat mich in letzter Zeit eher davon abgeschreckt, mich noch mit eigener Gestaltung daran zu machen, dieser ebenbürtig zu begegnen. Nur die Baumkreise und ein paar Steine in den Astgabeln scheinen mir aber mittlerweile zu wenig zu sein.

Beziehung von Waldräumen und Stadträumen

Das selbst gesteckte Ziel, dass am Hang von jeder Installation aus mindestens eine weitere in bequemer Sichtentfernung den Verlauf des Weges anzeigt, ist längst erreicht. Mittlerweile geht es darum, auf Schritt und Tritt kleinere Veränderungen zu zeigen. Diese zunehmende Dichte franst manchmal etwas nach den Seiten aus. Den kleinen Holzstapel, den ich als Vorlage für das Erinnerungsmorphing des schwebenden Bootes benutzt habe, fotografierte ich gestern noch mal aus verschiedenen Perspektiven. In sichträumlicher Nahe befinden sich die Steinsetzung von Hans Zitko und mein Kristallbergwerk SIEGFRIEDSGRAB.

Keiner dieser Orte, fällt mir nun auf, existiert unabhängig von Orten in der Stadt. Der Raum der Steinsetzung, des SIEGFRIEDSGRABS und des Erinnerungsbootes, wird von einer Linie beschrieben, die ich gerne in der Mainzer Landstrasse nachvollziehen will.

Unweit davon habe ich zwischen den Baumkreisen damit begonnen, in das dichte, dürre untere Geäst einer alten Fichte, einen neuen Stapel zu legen, der sich spiralförmig nach oben und nach unten ausbreitet und sich um den Stamm windet. Das hat nun eine neue Qualität. Zwar ist die Struktur immer noch widerborstig und wild, folg aber schon einem ziemlich komplexen Prinzip, das, wenn ich nicht aufpasse, in die Designfalle führt. Solange das Holz aber unbearbeitet in seiner verqueren Form und den unterschiedlichen Längen einen bedeutenden Anteil des Ganzen ausmacht, glaube ich davon verschont bleiben zu können.

Gleichzeitig war ich an dreidimensionales Zeichnen erinnert. An einer Stelle habe ich begonnen, die Linien weiter in den Raum zu bauen, indem ich benachbarte Astgabeln als Auflage für überbrückende Hölzer nutzte. Die Kontinuität in den Gesträuchen, die von der Hyperbelform der alten Fichtenäste dominiert sind, wird nun langsam durch andere Strukturen aufgelöst. Eine Formenvielfalt beginnt.

Erinnerungssequenz 01

Gestern Nachmittag nahm ich mir im Atelier die Zeit, um die erste Erinnerungsfigurensequenz zu zeichnen. Eine Erinnerung an die schwebenden Boote in einer Werft. Ich arbeitete in der Weise, wie ich es vorher schriftlich geklärt hatte. Dieses „manuelle Morphing“ funktioniert sehr gut. Diese Art zu zeichnen manifestierte sich schon früher in Zeichnungsserien, die sich mit Morphing beschäftigten. Aber vor meiner Beschäftigung mit den Möglichkeiten von Computern, zeichnete ich schon Serien, bei denen sich aufeinander folgende Blätter mit vorausgegangenen Motiven beschäftigten. Das ist eine immer wiederkehrende Arbeitsweise. Somit hat die Handzeichnung durch den Rechnereinsatz eine Bestätigung erfahren und später auch umgekehrt.

Nun könnte ich dieses Boot auf Stützen in ein Eigengesträuch verwickeln, indem ich es in bewährter Weise übereinander rollend  verdichte. Das führt aber nicht zum eigentlichen Ziel des Projektes. Als nächstes steht die Überlagerung und Verdichtung mit anderen Motiven auf dem Plan. Dafür muss ich weitere Teilnehmer für Hangwanderungen gewinnen, die ihrer Erinnerungsphantasie freien Lauf lassen.

Die Arbeit an der Bootssequenz verlief in umgekehrter Richtung, als die bisherigen Sequenzen. Die Verdichtung erfolgt durch eine Konzentration auf die Linien, die für die Darstellung des Gegenstandes benötigt werden. Durch die Beschaffenheit und den Rhythmus der Linien, fügt sich das entstandene Boot in das Astgeflecht ein.

Verwischen und Erinnern neu aufbauen

Walderinnerung wird täglich verwischt und wieder neu aufgebaut. Rückblickend ist die Energie, die ich in der kontinuierlichen Entwicklung meiner Arbeit aufgebaut habe in einem Kreis eingeschlossen. Ich bin versessen auf stetige Produktion, dass die Rückgriffe auf diese Kraft zu kurz kommen.

KRAFTFELD und WHERE… als Voraussetzung von FRANKFURTER KRAFTFELD

Gestern bearbeitete ich den Ausschnitt des Fotos vom Hang der oben abgebildet ist. Es ist eine der neuen Installationen, die ich zum Ausgangsmaterial für das erste Erinnerungsbild des FRANKFURTER KRAFTFELDES machen will. Zunächst reduzierte ich das Material auf die für mich brauchbaren Umrisslinien. In dieses Geflecht kann ich nun das Boot hinein projizieren, das von langen Stützen in der Schwebe gehalten werden soll. Diese Ausgangsfigur, die im Wald in der zweiten Hälfte des Weges steht, würde ich gerne in der Sequenz, in der ich sie mit einem manuellen Morphing zum schwebenden Boot verwandele, würde ich dann im Stadtraum wieder erstehen lassen. Sie soll in Augenhöhe um einen Laternenmast als Panorama eines sich verdichtenden und wieder auflösenden Rapports dieses Verwandlungsvorganges geklebt sein. Einige solcher Wegpunkte, die auf dem vom Wald in die Stadt projizierten Weg liegen. Würden genügen, um eine Brücke zu den Erinnerungsfiguren zu schlagen, die das Material für das Geflecht des FRANKFURTER KRAFTFELD Prozesses bilden.

Ich selber bin mir auch noch nicht ganz klar über die Ausstellung an der Mainzer Landstraße. Auf alle Fälle muss aber das große Relief KRAFTFELD eine Rolle spielen. Außerdem habe ich vor die Transparentpapierrolle zu „WHERE…“ insbesondere mit der Wegesequenz auszustellen. Diese Voraussetzungen erklären dann die anderen Motive und machen den ganzen Prozess deutlich.

Parklinien

Den Satellitenkontaktintervall des GPS-Navigationsgerätes habe ich auf einen Rhythmus von fünf Sekunden eingestellt. Jetzt werden die mit meinen Gängen gezeichneten Linien feiner. Vorher wurden nur bei Richtungsänderungen oder nach dreißig Sekunden Punkte gesetzt. Diesen neuen Modus habe ich gestern im neuen Park ausprobiert. Dort besteht ein perfekter Empfang und es bieten sich große Flächen zum Gehen von Figuren an. Die gestrige Figur besteht aus labyrinthischen Ornamenten. Sie kringeln sich verspielt in Spiralen und finden wieder heraus. Vielleicht ergeben sich noch mehr Gelegenheiten, auf der Parkfläche weitere verschiedene Figuren zu gehen. Gerne würde ich etwas vertrackter und aggressiver gehen, einem Gesträuch näher kommen.

Interessant wird es, wenn die jetzt gewanderten Linien mit altem Satellitenfotomaterial konfrontiert sind. Dann kreuzen sich die Schwünge mit den Gleisen des alten Güterbahnhofes und berühren die darauf stehenden Waggons. Interessanterweise ging ich am östlichen Ende des Parks eine gerade Linie genau parallel zum Verlauf der alten Eisenbrücke mit den Hohen Blechwänden, die vor dem Ruß der Lokomotiven schützen sollten. Ich dachte schon, dass die alten Gleisstrukturen oder solche einer viel älteren Landschaft beim freien Gehen auf dieser Fläche heute noch eine Rolle spielen könnten.

Erinnerungsbildgenerator

Zwei Hirschkühe flohen unweit des SIEGFRIED IDYYLS, nachdem sie lange hinter kleinen Fichten still lagen, unbemerkt und den Blicken verborgen. Dann sprangen sie auf und stoben in gestrecktem Galopp bis zum nächsten Dickicht. Das Aufspringen verursachte ein fast donnerndes Geräusch, nur kurz berührten die Hufe zwischen den weiten Sprüngen den weichen Boden. Spürbar war die nahe Angst, die in Geschwindigkeit umgesetzt wurde.

Mein Spiralgang am Ende des Weges am Westhang des kleinen Feldberges löst ziemlich starken Schwindel aus. Ich stehe dann einen Moment benommen in der Mitte des gekämmten Graskreises und bewege mich nicht, um nicht zu stürzen.

Ein zweiter Gang, gleich an einem darauf folgenden Tag hat mir gut getan. Besonders verbunden fühle ich mich derzeit mit den kleinen sorgfältig gebauten Stapeln. Sie grüßen mich aus ihrem ebenbürtigen Maß auf Augenhöhe. Zur Seite und nach unten hin sind sie solide von Stangen, die auf dem Boden stehen im Geflecht lehnen und mit eingeflochten sind, abgestützt. Aus der Umrisszeichnung einer solchen Figur würde ich gerne die Zeichnung einer ersten Erinnerungsfigur von Maj entwickeln. Ein über dem Grund gestütztes, schwebendes Boot.

Die Methode, ein solches Motiv zu entwickeln, könnte mit der Transparentpapier–Sequenzen–Technik gelingen. Ich würde die Umrisszeichnung der Waldfigur langsam in das Erinnerungsbild umwandeln – ein manuelles Morphing

Gestern druckte ich die Linie aus, die Maj Vorgestern am Hang gelaufen war. Ihre Zeichnung ist von der meinen sehr verschieden, viel ausufernder, verschlungener und verspielter. Mein Gang ist dagegen schnell, streng und geradlinig. Wenn ich zur zeichnerischen Suche nach den Umrissbildern auch noch die gelaufenen Linien mit hinzunehme, ergibt sich eine weitere Ebene, nämlich die der geografischen Zugehörigkeit der entstehenden Erinnerung. Es kann aber sein, dass diese Ebene nicht zur Klärung des Ganzen beiträgt. Vielleicht sind die unterschiedlichen Wanderungslinien eine gesondertes Thema.

Umrissbilder für FRANKFURTER KRAFTFELD

Im Atelier begann ich gestern eine klassische Erinnerungssequenz zu zeichnen. Als ich vor etwa zweieinhalb Jahren begann, mit den Tools von „Syncronus Objects“ zu experimentieren, arbeitete ich mit einer Videoaufnahme, die ich aus einem Fahrenden Zug zwischen Kolkata und Varanasi gemacht hatte. Drei verwischte Aufnahmen arbeitete ich zu Strichzeichnungen um, die zu abstrakten Umrisszeichnungen wurden. Ein Detail des Triptychons übernahm ich dann gestern auf ein neues Transparentpapier und begann es während des Zusammenrollens mehrmals übereinander zu zeichnen. Ich umzeichnete das Motiv mit einer Linie, sodass es einen etwas zerfransten Umriss ergab. Während dessen las ich einen Text über „18“ von Steve Reich. Seine Kompositionsprinzipien finden in den Figurensequenzen und in der Kombination von Erinnerungsbildern Eingang.

Meiner Bitte, mir ein durch den Gang inspiriertes Erinnerungsbild zur Verfügung zu stellen, kam Maj gestern während eines Gangs am Hang prompt nach. Die Dinge und Bauten in den Bäumen, an Stellen, wo sie eigentlich nicht hingehören erinnerten sie an die Werft ihrer Eltern. Dort waren die Bootskörper aufgehängt, oder mit Balken abgestützt an Land, in der Luft schwebend.

Dieser von Stützen getragene Bootskörper könnte das erste Erinnerungsbild für das Frankfurter Kraftfeld werden.

Ich denke darüber nach, auf der Mainzer zunächst das Kraftfeldrelief von Zweitausendzehn vollständig als Voraussetzung für die Folgearbeit auszustellen. Es bildet einen Höhepunkt in meiner bisherigen Arbeit.

Kristallwuchs | Architektur | Bewegungsrichtung

Geräusche des Luftsichelns – Schwirrhölzer – Fragmentierung der umherfliegenden Erinnerungsworte. Zurück auf dem Waldboden folgt der Fuß den Versuchungen des weichen Fichtennadelbelages, „der den Füßen entgegen zu kommen scheint“. Dort, wo unter dünner Decke Steine aneinander reiben, was sich durch die Knochen dem Hirn oder dem Hirnkörper mitteilt, grabe ich nach. Gestern zog ich einen rechteckigen Brocken heraus, der an einer Kristallader gebrochen aus der dunklen Erde leuchtete. KRISTALLWALD. Die durchsichtig, wie geschliffen gewachsenen Kuben verheißen Schätze architektonischer Ordnung, spannungsvoll und gläsern, wie in der Stadt.

Bei angenehm kühlem Wetter bin ich gestern den Hang hinaufgestiegen und hinabgewandert. Eine der angelehnten Figuren war ganz umgestürzt und wurde von mir neu und stabiler wieder aufgerichtet. Ansonsten stand mir der Sinn nach kleineren kompakten gestapelten Bauten, die sich auf die kreisförmig herausstehenden Äste der Baumstämme legten. Kleine Rundbauten, sorgfältig geschichtet und leicht teilweise vom Boden her leicht abgestützt.

Öfter kommt mir der Gedanke, am Hang etwas Neues zu beginnen. Manchmal begebe ich mich etwas abseits vom Pfad und bemerke sofort die Materialfülle, muss dabei zugleich an das Gespräch mit Herrn Schnebel denken. Dann begegne ich sofort im Gegensatz zur vorausgegangenen Einengung, herausfordernden Situationen. Erst jetzt kommt mir der Gedanke, dass der Pfad wie ein selbst gewähltes Gefängnis funktionierte, obwohl ich die ganze Zeit die Freiheit und weite des Waldraumes behauptete. Auch das Materialangebot zieht mich weg vom Weg, und der Seitenraum im rechten Winkel zur sonstigen Richtung beginn eine wesentliche Rolle zu spielen.

Die Seitenkanten der Kristalle aus den Schichten der Steine erinnern mich sofort an die letzten gewanderten Linien in Berlin. Es würde sich wahrscheinlich lohnen, eine neue GPS – Kartierung mit allen Windungen und Räumen des Weges anzufertigen, um die Beziehungen der Kristallkanten, der GPS – Kartierung und der Stadtstruktur in Augenschein nehmen zu können.

Taunus | Mumbai | Norman Foster Tower

Im Atelier habe ich gestern eine neue Transparentpapierrollensequenz begonnen. In ihr habe ich die Umzeichnung eines Stücks Holzgeflecht vom Hang am Kleinen Feldberg mit dem letzten Handprint aus Mumbai verbunden. Das begann ich weil ich die Figurensequenz Nummer Dreizehn zu Hause liegen gelassen hatte.

Am frühen Abend traf ich mich mit Eberhard Schnebel im Norman Foster Tower der Commerzbank. Wenn man das imposante Foyer durchschritten hat und mit einem der Schnellen Aufzüge an einer der Außenecken über die Stadt katapultiert wurde, ernüchtert das funktionale Innere des Baus. Die Gärten in den verschiedenen Etagen sind originell, aber das Großartigste sind die Ausblicke auf die Stadt und das Umland. In dieser Atmosphäre gelang uns ein erster Meinungsaustausch zum Thema Kunst und Management. Aus der Nüchternheit der Geldmaschine werden wir das Gespräch nun erst einmal in mein Atelier tragen. In diesem Spannungsfeld, das programmatisch werden kann, sollen die Gedanken weiter gedeihen.

Fortführung des GPS-Dialogs

Den Grenzgang mit Vinzenz habe ich gestern zu einer großen zusammenhängenden Kartierung zusammengestellt. Mit den stark vergrößerten GPS-Linien kann man nun etwas mehr anfangen, sie beispielsweise auf Transparentpapier durchzeichnen und sie so zum Ausgangsmaterial für Sequenzen und so weiter benutzen.

Öfter weichen meine Texte von den Inhalten der Abbildungsstreifen ab. Ich entdecke das als ein weiteres Mittel, gleichzeitig auftretende Arbeitsweisen zu dokumentieren.

Gestern zeichnete ich an der dreizehnten Figurensequenz weiter. Wie sinnvoll es ist, einen Teil davon mit der Grenzwanderung zu kombinieren, zu überlagern, ist nicht zu überlegen, sondern nur auszuprobieren, also mit der Tuschefeder rauszukriegen.

Ich will auch noch die anderen Aufzeichnungen des GPS-Gerätes an Vinzenz schicken. Vielleicht kann er mit den Zahlenkolonnen etwas anfangen. Die Palast-Schlosswanderung bekommt er auch. Er hatte ja auch die Idee aus den Daten eine dreidimensionale Arbeit herzustellen. Das wäre mit Draht möglich. Die Hauptsache ist, dass unsere Arbeit auch bei ihm weitergeht, dass er die Möglichkeiten des Mittels auch für sich nutzen kann. Nicht zu unterschätzen ist das Aufrufen von Gefühlen durch die Erinnerung mit den gegangenen Linien. Ein GPS-Dialog zwischen Äthiopien und hier könnte aufgespannt werden.

Choreografische Auslöser und Verstärker | Ostgang von Vinzenz

Vinzenz auf der Ostseite unseres dialogischen Ganges. Daneben Teile seines Parts.

Im Zusammenhang mit den Kartierungen fallen mir immer wieder die Figurenbeziehungen im „Ring des Nibelungen“ ein. In irgendeiner Weise haben die Bewegungen auf der Bühne mit denen zutun, die zu meinen Wanderungsfiguren führen. Die choreografischen Varianten, wie abruptes Stehen bleiben, weiche Bögen beschreiben, rhythmisch Zickzack laufen und rückwärts, seitwärts oder stur geradeaus laufen, lösen Emotionen aus, oder verstärken die, die die Bewegung ausgelöst haben.

Interessant wäre ein Gespräch mit Tänzern darüber.

Raum zwischen zwei Fluchtunneln | Grenzgang

Während der Archivarbeit gestern, als ich die zwölf Tagebuchzeichnungen, die ich in Berlin gemacht hatte scannte, begann ich mit den Grenzganglinien zu arbeiten, die ich mit Vinzenz gelaufen bin. Zunächst übertrug ich sie in Google Earth, um sie besser vergrößern zu können. Dann schnitt ich die Karte mit den Linien frei aus, womit ein collagenartiger Charakter das übernahm, was ich gestern mit skulptural meinte. Nun muss ich die dreizehn Einzelteile noch zusammenfügen, um eine brauchbare Vorlage für die Durchzeichnung auf einen großen Transparentpapierbogen zu bekommen. Die ganzen Windungen und Wendungen unserer Gänge sind tatsächlich nur in starker Vergrößerung zu erkennen.

Handprint Berlin

Beim Anschauen der Linien des Grenzgangs von Vinzenz und mir habe ich einen Skulpturalen Eindruck. Mir ist, als müsse ich mit dieser Figur mehr machen als die Kontinuität der Transparentpapierumdrehungen fortzusetzen. Es gäbe natürlich eine Menge Möglichkeiten, sie beispielsweise farbig zu behandeln, sie mit einem dunklen Hintergrund zu versehen und dann eine dreidimensionale Datei daraus zu machen.

Und plötzlich beginne ich mich auch von der Starrheit des Handprints zu verabschieden. Ich will neue Möglichkeiten entdecken. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, eine Handlinie in der Stadt zu laufen, die aber nicht von Wanderungen ausgefüllt wird, sondern von solchen umgeben ist. Die Handlinie ist dann nur eine Erinnerung an das Eingesperrtsein zwischen Grenzen. Somit bekommt der Berlin-Handprint seine eigene Wendung. Schon länger hatte ich mit der alten Konzeption für Berlin gehadert, denn das ist eine Stadt mit einer anderen Geschichte für mich. Und die schlüssige Veränderung der Vorgehensweise ist nun vielleicht gefunden. Das ist das Ergebnis der Berlinreise.

Dialogisches Gehen als Kommentar

Die Linien, die ich ging, bezogen sich auf die, die Vinzenz vorher gegangen war. Dadurch entstand ein dialogisches Zeichnen, während dem die eigenen Linien Kommentare zu denen des anderen waren. Ich werde das zu Hause genauer untersuchen können.

Neben dem Dom auf der anderen Straßenseite steht nun ein Stück Beispielarchitektur, das die Fassade des zukünftig neu aufgebauten Schlosses. Das ist eine gediegene Steinmetzarbeit, die in ihrer künftigen Zusammenstellung das Gesprengte Schloss ersetzen soll.

Unser Kommentar dazu war die nochmalige Durchmessung des noch freien Palastareals. In weiten Schwüngen und großen geraden Linien belegten wir noch einmal dieses Stück öffentlichen Raum. Die Betonstützwände, die das Areal zu den Straßen hin abgrenzen waren beklebt mit Antischlossparolen.

Vor einiger Zeit habe ich ja schon einmal eine Figur an selber Stelle gezeichnet. Nun stelle ich fest, dass diese Zeichnungen als Kommentare auf ihre Umgebung immer ruppiger werden. Auch die Bewegungen werden absichtsvoll eckiger oder kleinteiliger. Freie Figuren bekommen dadurch mehr Spannung.

Friedhöfe und Hinterlandsmauern | Grenzdurchbrüche

Gestern war ich mit Vinzenz unterwegs in der Stadt. Wir hatten verabredet, gemeinsam eine Stadtwanderung  zu unternehmen. Ich schlug ihm vor, an seiner eigenen fünftägigen Stadtwanderung anzuknüpfen, die er vor ein paar Wochen mit seinem Künstlerpartner unternommen hat. Wir suchten in der Universität auf der Kartierung des Projektes nach dem Punkt, an dem sie die ehemalige Grenze überschritten hatten. Diesen Punkt trugen wir dann in meine Berlinkarte ein und fuhren dann los, um die Stelle zu suchen.

Die Situation stellte sich so dar, dass der Übergang über die Grenze eine kleine Fußgängerbrücke war,  die über einen Arm des Landwehrkanals führte. Somit gelangte durch den Kontrast von Enge auf der Brücke und den zwei Geländen auf den beiden Seiten des Ufers schon eine gewisse Spannung in die Arbeit. Wir teilten uns so auf, dass er den Ostteil und ich den Westteil übernahm. Auf der Mitte der Brücke war dann jeweils die Übergabe des GPS-Gerätes.  Die Figuren habe ich nun noch nicht auf den Rechner übertragen, aber ich bin schon sehr gespannt.

Ihre Spannung bezog die gegangene Zeichnung aus der Verengung in der Mitte, durch die enge Brücr, dessen Düseneffekt zu einer zwischenzeitlichen Beschleunigung führte.

Mauerstreifen in Berlin

Wie geplant fuhr ich zum Mauerstreifen in der Bernauer Straße und besah mir die Situation. Das Sichtlinienkonzept ging deswegen nicht auf, weil am Ende überall auf dem Todesstreifen vollständige Sicht und somit ein Schussfeld vorhanden war, das keine Hindernisse kannte. Es gab keine uneinsehbaren toten Winkel mehr, und war deswegen der Idealzustand der Gesamtorganisation des damaligen Staates.

Ein anderes geografisches Element stellen die Nachzeichnungen der Fluchttunnel dar. Die Räume zwischen den Tunneln habe ich langsam kartiert, mit meinen schritten ausgemessen. Die Spannung zwischen ihnen und dem Stasitunnel, der selbst von den Grenzsoldaten geheim gehalten werden sollte, versuchte  ich im Gehen zeichnend zu zeigen. Die Gedanken währenddessen kreisten um das Nähen. Die Punkte, an denen die Linien verankert sind, die gleichzeitig Wendepunkte des Gehens sind oder Scharniere in verschiedenen Winkeln bilden, wären beim Nähen die Einstichpunkte der Nähnadel. Es wäre also nicht verkehrt, diese Wege einmal zu nähen.

Und dann bekam ich Lust auf ständige Grenzdurchbrüche, auf kontinuierliches Wechseln der Seiten. Und im weiteren Nachdenken hatte ich das Gefühl, die Stadtteile durch diese Bewegungen wieder zu verbinden, die zerschnittene Tischdecke auf diese Weise zu vernähen.

Außerdem interessierten mich die Friedhöfe, deren Gräberfelder entweder an die Grenze stießen oder wegen der Einrichtung des Todesstreifens umgebettet worden sind. Während der Betrachtung dieser Räume fielen mir öfter Stellen von Massenbestattungen auf. Dort lagen Menschen in Massengräbern, die oft zusammen in einem Gebäude vor Fliegerangriffen Schutz suchten, und von den getroffenen Häusern verschüttet und getötet worden sind. Eigenartig verschachtelt sind dann noch die Grabstätten der unterschiedlichen Gemeinden wie St. Hedwigsgemeinde, Französische Gemeinde und Berliner Domgemeinde. Die Friedhofsmauern gingen über in die Hinterlandmauern und ergaben in den Abgrenzungen untereinander eigenartige Labyrinthe.

Eingriffe | Besitzansprüche

Immer gewisser wird mir, dass eine Arbeit, wie „Siegfried Idyll“ im Wald eine weitere emotionale Schicht beisteuern kann. Die Rezipierbarkeit des Stoffes erscheint mir sogar erheblich erweitert. Der sommerlich wuchernde Wald ist wie geschaffen für eine weitere mythologische Schicht, die gleichzeitig auf die Tiefe des geschichtlichen Zusammenhangs deuten kann und die Einflüsse der Geschichten auf unsere Urteilskraft.

Es ist mir außerordentlich unangenehm, meinen Wald alleine zu lassen, den Weg und seine Wächter nicht pflegen und behüten zu können. Vielleicht ist es mir aber dadurch eher möglich, die Arbeit nach Berlin zu verlängern, sie dort unter anderen Vorzeichen fortzusetzen. Es entsteht der Impuls, in den Stadtraum einzugreifen, mit kleineren Veränderungen winzige Besitzansprüche geltend zu machen.

Tote Räume auffüllen

Aufgewacht bin ich mit den SIEGFRIED IDYLL- Klängen im Kopf. Manchmal dachte ich daran, den Weg bis zur so bezeichneten Stelle zu verlängern. Dann aber scheue ich den erhöhten Arbeitsaufwand. Ich merke, dass ich mit der derzeitigen Länge genug zutun habe. Ich möchte diesen Bereich ja auch noch weiter verdichten. Diese Intensivierung und Steigerung der Anzahl der Installationen hat eine Verknappung des Baumaterials nahe des Pfades zur Folge. Dieser Umstand könnte zu einer Verbreiterung des Raumes führen, wenn ich keine längeren Transportwege in die unmittelbare Nähe der bisher begangenen Linie inkauf nehmen will.

Die Kartierung der Sicht- und Schussfelder am kommenden Dienstag und Mittwoch in Berlin entspricht einer verdichteten Erinnerung. Wieder verläuft die Bewegung in diesen Räumen kontrapunktisch. Jeder tote Raum, der durch Absperrungen und Schusswaffenbedrohungen mit einer nur minimalen Choreografie der Posten entleert wurde, zieht nun eine besondere Dichte an Bewegungen von Neugierigen und Erinnerung suchenden nach sich. Die dichte Leere des Todesstreifens will ich nun gerne mit einer sichtbaren Wegebündelung meiner GPS-Wanderungen auffüllen.

Bei meinem vergangenen Besuch der Stadt waren die „verwaisten“ Friedhöfe in direkter Nähe der ehemaligen Grenzanlagen, teilweise von Leichen entleert, die spannendsten Räume. Die Intensität der Wanderung am Holocaustmahnmal würde ich gerne am ehemaligen Todesstreifen wieder erreichen. Nicht weit entfernt leuchtet die Idee von kleineren Eingriffen in die Stadtlandschaft auf.

Figurensequenz | SIEGFRIED IDYLL | Grenzüberschreitung

Während eines kleinen Gewitterregens habe ich am Ateliertisch eine Arbeit fortgesetzt, die ich schon vor ein paar Monaten begonnen hatte. Es  handelt sich dabei um eine Figurensequenz zweier zerklüfteter Gestalten, die vor vielleicht fünf, sechs Jahren auf einer der großen Transparentpapierrollen entstanden sind. Ich generierte sie damals aus den Tagebuchzeichnungen die noch gegenständlich waren, mit Figurenfragmenten und Gegenständen spielten. Eines ging ins Andere über. Auf Transparentpapier veränderte sich das Ganze natürlich, Umrisse mussten gefunden werden wo sich die Zeichnungen eher im Unbestimmten verloren. So entstanden größere Gruppen von Figuren, von denen ich einige dann für einen Workshop einzeln herauszeichnete. Sie dienten mir in den letzten Monaten als Material für die Figurensequenzen.

Ich bin erstaunt, wie sicher ich Siegfried Idyll im Wald identifiziert hatte. Nachdem ich nun drei Viertel des „Rings“ gesehen habe, kommt mir die Bezeichnung des Ortes noch richtiger vor. Die Bühnenhandlung, von der ich nicht viel wusste, nur das Orchesterstück gehört hatte, bestätigt meine Interpretation der Musik. Sowohl das Naive, Heldenhafte als auch der erotische Aspekt des Beischlafes mit Brünhilde trifft im Wald auf eine Weiterführung des Gedankens. Sein gewaltsamer Tod, als auch die erotische Verbindung finden im Graben den der Tornado-Kampfjet in die Flanke des Kleinen Feldberges geschlagen hat ihre Entsprechung. Morgen Abend schließt sich der Ring mit der „Götterdämmerung“. Ich muss mir noch mal das Ringmotiv im Zusammenhang mit meinen Rollbildern genauer vor Augen führen. Wiederholungen mit leichten Veränderungen und zunehmender Verdichtung.

Die Räume verschiedener Arbeitsbereiche fangen an in meinem Kopf zu korrespondieren. Am ehesten verbinden sich der ehemalige Mauerstreifen in Berlin und der Hang emotional miteinander, indem sie im direkten Kontrapunkt stehen. Am Hang kann ich mich flexibel ausweiten und den Weg beliebig vergrößern. Der Mauerstreifen ruft gegenteilige Wirkungen hervor. Er erinnert mich an meine Ohnmacht. Immerhin aber trotzte ich dem Grenzregime, dem ich mich ihm als Soldat entzog. Der Palast der Republik, zu dessen Bau ich anstatt an die Grenze abkommandiert wurde, symbolisiert somit für mich den Beginn meiner Grenzüberschreitung.

RING | Rolle | SIEGFRIEDIDYLL

Man könnte diese „Archivarbeit“ mit der an den Transparentpapiersequenzen vergleichen. In der Rückschau begegnen mir Ideen, die ich „durchzeichnend“ wieder neu einfügen kann. Weniger hat es mit den Kurzen Sequenzen, als mit den fünfzig Meter langen Rollen zutun.

SIEGFRIEIDYLL scheint mir nach dem Anschauen von drei Vierteln des „Rings“ in der Frankfurter Oper noch zuteffender als Ortsbezeichnung für die Absturzstelle des Tornados im Wald des Kleinen Feldberges.

Neue Waldstrukturen

Im grellen Licht, zwischen den starken Kontrasten zwischen Schatten und Licht, fiel es mir schwerer, mich gestaltend zu orientieren.

Nach den Regengüssen der letzten Tage, war das hohe Gras schon im Wind getrocknet. Aber direkt unter der Oberfläche ist der tiefe Boden noch feucht, atmet noch Winter aus. Das merke ich besonders, wenn ich in meinem Kristallgraben hocke, um weiter zu graben.

Ich muss erkennen, dass die Brocken die ich zutage fördere denen, die manchmal obenauf auf der Fichtennadeldecke liegen, ganz ähnlich sind. Es ist also weniger das Graben nach Schätzen, was mich antreibt. Eher geht es um ein langsam am Boden entstehendes Zeichen, um den längeren Prozess, der diesmal zu einem Ergebnis führen wird, das vielleicht von längerer Dauer sein wird, als die Holzgestelle und Geflechte, die den Park bevölkern. Sie bekommen schon überhand nehmende Diagonalstrukturen, die von einiger Instabilität zeugen. Diese Zustände sind aber sehr interessant, weil dynamisch.

Öfter sind die Biegungen der Äste nun in sich gekehrt, weisen einander die konkaven Seiten ihrer Bögen zu. Das ist ein neues Gestaltungsmittel, das ich nun langsam weiterentwickeln werde. Vorerst stellt es noch keine stabilisierenden Strukturen.

Im hochwachsenden Gras sind die Holzkonstruktionen, geschweige denn die Bodenskulpturen von den Forstwegen aus immer schwerer erkennbar. Im Verhältnis zu meiner sonstigen Arbeit ist dieser Weg sehr groß dimensioniert. Im Verhältnis zum Wald ist er verschwindend klein.

Waldraum | Management

Morgen gibt es ein Gespräch über Kunst und Management in der Commerzbank im Turm von Norman Foster.  Ein paar Gedankendazu habe ich gestern von der Bankseite aus bekommen. Interessant ist die Tatsache, dass sich zeichnend manche Gedanken erst entwickeln. Eher geht es um diese Methoden, neue Herangehensweisen aufzudecken. Dieses Einüben von Denkmethoden kann durch Workshops in den Arbeitsrhythmus eingebracht werden. Indem diesen Vorgängen Raum gegeben wird, kann man Konzentration und Entspannung verbinden. Ich denke beispielsweise an das Zeichnen eines Labyrinths auf Transparentpapier, das sich mit der Rollmethode überlagern lässt. Daraus dann neue Figuren zu generieren, wäre der nächste Schritt. Dieser Konkretionen bedarf es, um den Nutzen der Methoden klarer werden zu lassen. Spielerisch im Kleinen zu beginnen neue Wege zu gehen, deren Nutzen nicht sofort auf der Hand liegt, das ist  zu vermitteln.

Ring | Wald | Kontrapunkt

Tatsächlich ist es so, als schlössen sich die Räume der Waldinstallationen mit dem Gesträuch der Beziehungen in „ Der Ring des Nibelungen“ zusammen, den ich gerade in der Frankfurter Oper sehe. Beim Betrachten der tragischen Wotanfigur, denke ich sie mir einerseits zwischen den Figuren am Hang, oder innerhalb der Beziehungslinien des Counterpoint Tools von Syncronus Objects. Der Pfad, den sie nicht verlassen kann steht voller Geflechte, deren Beziehungen zueinander seinen Raum definieren. Zwischen alle dem Holz ist sie irgendwann eingewoben und kann bewegungslos nur noch auf das eigenes Ende sinnen.

KRISTALLWALD | SYNAPTISCHE KARTIERUNGEN

Gestern zeichnete ich doch an der Kristallsequenz weiter, saß dabei wie gewohnt in meinem Tor und konnte das Treiben an mir vorüberziehen lassen. Mehrmals wechselte ich zum Schriftmotiv KRISTALLWALD und war oft nahe dran, mit der Struktur der SYNAPTISCHEN KARTIERUNGEN in das Bildgeschehen einzuwirken. Könnte sein, dass sich das unebene Papier dabei etwas störrisch verhält.

Schriftsequenz

In einem Zustand der Kristallsequenz, in der noch viele Strukturen offen zutage treten, eine flächige Verdichtung erst auf etwas fünfundzwanzig Prozent der umrissenen Fläche einsetzt, habe ich die Arbeit daran aus zwei Gründen unterbrochen. Erstens stellte sich ein Gefühl von Überdruss ein, das durchaus mit dem von Überflüssigkeit zutun hat. Außerdem wollte ich den derzeitigen Zustand der Zeichnung festhalten, also scannen, wenn nicht die Arbeit daran abbrechen, um die Sequenz unvollendet zu lassen.

Als folgende habe ich mit einer Schriftsequenz begonnen, den Überlagerungssequenzen ein neues Element hinzuzufügen. In meiner zittrigen Schulschrift aus der fünften Klasse schrieb ich das Wort KRISTALLWALD auf den Streifen. Diesmal zeichnete ich die Überlagerungen weniger akribisch in einem eher emotionalen rhythmischen Strich. Das Beharren auf einer Weise Waldinstallationen zu bauen, Transparentpapierzeichnungen oder Tagebuchzeichnungen zu zeichnen wird regelmäßig infrage gestellt. Manche dieser Kontinuitäten halten viele Jahre an, verschwinden dann oder pausieren, um dann später wieder aufgenommen werden zu können. KRISTALLWALD ist vielleicht eine Zäsur, die auf Transparentpapier und im Wald stattfindet. Oder es ist einfach eine Erweiterung.

WESENTLICH

Statt Mittwochnachmittag war ich gestern Donnerstagvormittag im Wald. Wolken hingen in den Fichtenhängen, das Licht neutral verteilend, so dass man kaum feststellen konnte um welche der hellen Tageszeiten es sich handelte. Dieses Fehlen einer Koordinate steigert den Grad der Orientierungslosigkeit in der genau richtigen Weise. Alles scheint objektiver in einer zurückhaltenden Lichtstimmung. Mich erinnert die Stimmung an den Anfang des Handkestückes, oder mir fällt diese Stimmung in dieser Weise wegen des Textes erst auf, ich habe ein Vergleichsbild. Das Unwissen um die Zeit und den Ort, auch ein Fichtenhang ist zunächst auswechselbar, eröffnet die Chance auf mehr Konzentration auf DAS WESENTLICHE.

Ich beobachtete die Reaktionen von Wanderern, die meinen Pfad auf den Forstwegen kreuzten, beobachtete sie in dem sehr kurzen Zeitraum in dem sie die Möglichkeit haben die Bauten und ihre Massierung zu sehen. Meistens bekommen sie es nicht mit, weil sie auf den Weg vor sich schauen, sich unterhalten oder weniger seitwärts in die Tiefe der Fichtenkathedralen schauen.

In Siegfrieds Grab finde ich nun immer mehr Kristalle. Der reichliche regen wäscht mir die obenauf liegenden Steine, wodurch die glitzernden Strukturen sichtbar werden. Aus einem Stamm, der schon länger modernd am Boden liegt, brach ich ein paar Äste in der weise heraus, dass ich an ihrem Ansatz ein Stück des morschen Stammes mit heraus brach. Diese Stäbe mit Knäufen steckte ich mit ihrem dünnen Ende in den weichen Boden und gruppierte sie so zu einer rhythmischen Reihe. Eine andere Möglichkeit, die eine weitere Formenvielfalt erlaubt probierte ich, indem ich die gebogenen, nackten Fichtenäste mit der konkaven Seite ihrer Biegung zueinander stellte. So entsteht ein in sich gekehrtes Bild.

Der Pfad franst manchmal etwas unklar aus. Die allgemeine Richtung bleibt durch die Bauten, die unübersehbare Wegzeichen bleiben, nur vor den Füßen weiß man nicht so recht wohin sich zu wenden ist.

Am Nachmittag schrieb ich in meinem Ateliertor das Handkestück erinnernd. KRISTALLWALD – heute Abend beginnt der „Ring“.

Kristallstadtwege

Bevor ich gestern zum Festival der neuen Europäischen Stücke fuhr, war ich noch im Atelier, um die Kristallsequenz weiter zu führen. Die Struktur und dichte der Linien erinnert mich an die Handprintwanderungen, anderen Abbildung in Tuschezeichnungen auf Transparentpapier. Indem ich die Wege erinnere, habe ich das Gefühl, mich zu wiederholen.

Ein schönes Bild für den Verlauf des langen Zeitraums, den das Bühnenstück Handkes  umfängt, ist das ständige Rieseln von grünen Flocken, deren Herkunft nicht ganz klar ist. Langsam bedeckten sie den Boden und  bildeten eine wachsende Schicht, in der Spuren hinterlassen worden sind, die immer wieder durch das weitere Rieseln wieder verschwanden.

Kristallsequenz | Inbesitznahme

Das sind ein Ausschnitte der Kristallsequenz und Tagebuchzeichnungsfragmente.

Gestern dachte ich über einen Timecode nach, der sich an den Tagebuchzeichnungen und ihren Entstehungstagen entlang bewegt. Das könnte eine Grundstruktur für das dreiteilige Schaufenster in der Mainzer Landstraße bilden, das ich im September gestalten werde. Wenn ich das allerdings täglich bearbeiten wollte, würde mich das etwas überfordern. Die Thematik des täglichen Dokumentationsarchivs, das sich zum Werk hin entwickelt, kann ich auch in Dreitagesschritten zeigen, indem ich die drei Tafeln alle drei Tage weiter nach Links verrücke und die, die am weitesten Links steht wieder am rechten Beginn neu gestaltet platziere. So wären immer neun Tage präsent. Die einzelnen Tafeln können sich mit den Schichten der Gestaltungen, die vor sechs Tagen darauf gelangt sind, teilweise überlagern. Somit kommt es zur Durchlässigkeit des kontinuierlichen Arbeitsprozesses.

Endlossequenzen in Panoramaabbildungen festgehalten, würde ich gerne an den aus dem Taunus transferierten Wegpunkten präsentieren. Sie sind Markierungen meiner Inbesitznahme.

Laufen | Erinnern

Passend zur Arbeit mit den Erinnerungsbildern war ich auf einer Reise in die eigenen Erinnerungen.

Erinnerungsorte in Waltershausen: Markt, Burgberg, Schloss Tenneberg, Kräuterwiese, Herrenweg, der Teich, aus dem ich meinen Bruder zog, damit er nicht ertrinkt, Erdfall, Försterwiese und wieder hin zur großen Kräuterwiese. An ihr liefen wir längs entlang, vorbei am Samtenen Ärmel bis zur Perlenkette von Fischteichen an dessen unterstem immer noch die Gaststätte Bellevue geöffnet hat.

Raumstation

Gestern im Sternenhimmel, der bis zum Horizont reichte zog die Internationale Raumstation an den Himmelskörpern ruhig und schnell vorbei. Die sanfte Bewegung eines leuchtenden Punktes.

Kristallsequenz

Auf meinem Zeichentisch im Atelier liegt die neu begonnene Kristallsequenz. Die Struktur des ausgegrabenen Steines ist in sich schon beim ersten Durchzeichnen sehr dicht geworden. Somit wird sich das Liniengeflecht bei rollender Weiterarbeit recht schnell zusetzen.

Mikro- und Makrokartierungen

Im Atelier habe ich begonnen eine Kristallsequenz zu zeichnen. Ich scannte den Stein und bearbeitete dann das Bild in der Weise, wie ich mir das gestern vorgenommen hatte. Dann legte ich die Konturenabbildung unter das Transparentpapier und begann zu zeichnen. Schon bald gingen mir die verschiedenen Wanderungen durch den Kopf, die ich in Frankfurt, Wien, Berlin, im Wald und in Indien unternommen hatte. Meine Vermutung der Zusammenhänge zwischen dieser Mikrokartierung und den großen GPS-Kartierungen, ist also nicht aus der Luft gegriffen.

Stadt-Kristall-Kartierungen

Vor mir liegt ein Kristall den ich in der Steingrube gefunden habe. Quer zu ihrer Längsausdehnung sind die tektonischen Flächen etwas geriffelt. Im Kontrast zu diesen klaren Flächen stehen kleinere kristalline Partikel, die aus den Ecken heraus funkeln. Ich bearbeite diese Strukturen mit Bildbearbeitungsprogrammen und werde sie dann auf Transparentpapier zeichnen, vielleicht Sequenzen damit herstellen. Diese gezeichneten Minimalkartierungen kann ich dann mir den Großen GPS-Kartierungen zusammenbringen.

Kristall

Während ich gestern Nachmittag am Hang arbeitete regnete es die ganze Zeit. Die Steine, die ich oben auf den Wall gelegt habe, der meine Grube umfängt, waren vom Mutterboden ganz rein gewaschen. Ausschau haltend auf solche Exemplare, die ich mit in die Stadt nehmen könnte, fand ich einen schönen Kristall. Fast scheint es, ein Schatz läge vergraben, und ich sei Derjenige, der auf ihn stieß. So entsteht ein Geschichtenwald, in dem immer neue Erzählungen zur Welt kommen. Die Intention der Einzelführungen ist es, diesen Erzählungen Figuren zuzuschreiben, zuzeichnen. Ob die Erinnerungen mit Kristallen oder Geflechten zutun haben oder von ihnen ausgelöst werden, wird sich zeigen.

Manche meiner aufgeschichteten, angelehnten und verflochtenen Figuren sind nun schon ein Jahr alt. Sie bekommen Schieflagen und „Haarausfall“. Sie müssen gestützt werden, brauchen Pflege und neue Schöpfe müssen geknüpft werden. Manche der Veteranen lassen sich nicht mehr aufrichten. Ich kann ihren Zusammenbruch nur herausschieben. Dann aber wenn alles am Boden Liegt, kann ich das Material für eine Wiederauferstehung nutzen oder für eine Wiederaufschichtung.

Die Wegpunktprojektionen auf der Mainzer Landstrasse gehen mit Zeichnungen von Transparentpapiersequenzen von Geflechten und Kristallen zusammen. Ideal wären Zylinderförmige Flächen für das Tapezieren von Panoramaaufnahmen der endlosen Zeichnungen. Das System sollte selbsterklärend sein. Die Herkunft der Zeichnungen kann mit den GPS-Koordinaten illustriert werden. Mit diesen Koordinaten kann man sich auch im Wald auf die Suche machen.

Labyrinth | Ring

Aus der Beschäftigung mit „Der Ring des Nibelungen“ wurde ich zu einer Transparentpapiersequenz inspiriert, die mit einem frei gezeichneten Labyrinth beginnt, das sich im weiteren Verlauf einmal rappotierend wiederholt. Während des Zeichenvorgangs wurde die Spitze der Feder von verschiedenen Formen und Wendungen der vorausgegangenen Linien angezogen und abgestoßen. Und so wanderte die Tusche manchmal spiegelnd und manchmal in andere Richtungen ausbrechend über das Blatt davon. Ich arbeitete mit zwei unterschiedlichen Rollradien, deren kleinerer in der zweiten Arbeitsphase zu den Überlagerungen führte. Der größere erste war nur für die Wiederholung zuständig. In der dritten Runde nahm die Dichte auch durch die Strichstärke zu, die während des Zeichnens in einer Weise zulegte, dass ich in der vierten Runde von einer überwiegend schwarzen Fläche ausgehen kann.

Dass Wagner  mit vielen Künstlern gemein hat, die Inspirationslegende zu lieben, das heißt den Versuch das künstlerische Konzepts auf einen Initialimpuls zurückzuführen, schreibt Peter Wapnewski in seinem Buch über den „Ring“. Wie man auch immer die Konstellationen bewerten mag, in deren Raum eine Idee beginnt, ihre eigene Figur zu bilden, so gehört die Suche nach auslösenden Faktoren zur künstlerischen Arbeit hinzu.

Mich bringt oft ein Stück Lektüre im Atelier zum Zeichnen. In diesem Fall zeichnete ich ein Labyrinth, das sicherlich auch der allgemeinen Vielfalt von diesem Opernzyklus herrührt. Aber das Labyrinth ist erst die Vorstufe zum Geflecht.