Ein Pfad

Tanzreigenfries, ein etwas umständliches Wort, aber ein Arbeitstitel. Das Thema bietet verschiedene Objektvarianten. Ein Reliefring mit einer Außen- und einer Innenansicht. Die spiegelverkehrte Reliefwiederholung im Innenbereich ist beiseite gelegt, obwohl sie digital leicht zu erstellen wäre. Es soll bei den alten Techniken bleiben. Und so bietet sich ein Umguss der Form an, in der sie als Reliefoberfläche im Innenring erscheint. Das Ganze setzt sich aus 9 Teilen zusammen, die auch als Einzelfiguren funktionieren könnten.

Anne berichtet spannende Entdeckungen bei ihren Recherchen in den Breslauarchiven. Sie fährt im März noch mal hin, um die Situation weiter in Augenschein zu nehmen. Die Blickwinkel vor Ort können die Möglichkeiten der Geschichten präzisieren. Die konkrete Sicht auf den Dom vom Wohnungsfenster aus…

Diagonal über die Wiese des Gustavsburgplatzes, zum Stamm der Vaganteneiche hin, bildet sich ein Pfad, den ich fast täglich viermal begehe, um dem Baum zuzuhören. Manchmal spricht er schon im Näherkommen, und gleich bei der Ankunft kann das aktuelle Wort aufgeschrieben werden. Bei Ursula Krechel las ich gestern von den Lautmalereien die Kurt Schwitter in einem englischen Internierungslager schrieb. Die Worte des Baumes wären auch beziehungsreiche Sockelgestaltungen für die Tanzfiguren.

Tanzring

monbitfes grankefs opjuteslif

folymosew grimflio morwitax

sarebin

Eine künstliche Intelligenz mit diesem Kauderwelsch zu konfrontieren, wäre möglich. Aber ich zögere und halte mich fern davon, soweit es mir gelingt. Ich glaube, mit einem solchen Vorgehen, an eine Verwässerung des Gesprächs mit der Vaganteneiche.

Stattdessen sind gestern neun gezeichnete Figuren in die Zwischenräume der Tanzfigurenumrisse gelangt. Weitere neun solcher Felder sind noch offen. Wenn sie ebenfalls mit Figurationen angefüllt sind, kann ich mein Augenmerk auf einen Relieffries richten. Ein Tanzreigen in Ringform, innen mit spiegelbildlichen Reliefs des Außenrings ausgestattet.

Eine Tevesrunde der Akteure des Geländes sprach gestern über weitere Aktionen, die das Gelände sichern sollen. Erstmals hatte ich das Gefühl, dass sich eine enger verbundene Gruppe bildet, die sich um ein gemeinsames Vorgehen bemüht. Wir erfuhren in einer Eingangsrunde auch, womit sich die einzelnen Gruppen gerade beschäftigen.

In Vergessenheit

Das Treffen mit Conny Bauer in Beziehung zu der elektronischen Musik zu setzen, die wir gemeinsam hörten, setzt die Begegnung in ein anderes Licht. Es war ein Libanese, der die experimentellen Sounds entwickelte, in deren Verhältnis nun unser Treffen gestellt ist. Die Overhaedmalereien von Helge Leihberg und meine Zeichnung von Wolfgang Engel, der dem Tanz von Arila Siegert zuschaut, treten als Bilder dazu.

Die Zeichnung eines Außerirdischen, eines Schülers von mir, der auf einen Vogel im Käfig schaut, die er aus Frottagen von den Reliefformen des Väterprojektes entwickelte, schaltet sich parallel dazu. Und aus der Erde des Gustavsburgplatzes treten fremde Worte zutage, die sich aus den eingesickerten Vagantensprachen zusammengesetzt haben. Ihre Rückübersetzung kann nur mit ihrer Vertonung gelingen.

Dieser Vaganteneichentext verbindet sich mit der Weiterentwicklung der Tanzlinien und deren Figuren. Die Verflochtenheit der Tuschezeichnungen und die Silben entsprechen einander. Aber eine bildliche Verbindung will mir noch nicht gelingen. Wieder muss ich warten, und vielleicht gerät es auch in Vergessenheit.

Conny Bauer

Am Sonnabend gab es ein schräges, experimentelles Elektronikkonzert bei Gusti. Dort traf ich auch Conny Bauer, den legendären Jazzposaunisten der DDR. Aber auch in der Zeit danach hat er fleißig musiziert und veröffentlicht. Wir suchten nach gemeinsamen Bekannten aus den Dresdner Zusammenhängen und standen während des ganzen Konzertes beim frisch gezapften Bier beieinander. Eine denkwürdige Begegnung.

Die Buchmalereien von gestern und heute sind unter sehr unterschiedlichen Bedingungen entstanden. Gestern hatte ich alle Ruhe der Welt und hielt mich lange mit ihnen auf. Heute, in Eile, ist aber kein qualitativer Abstieg geschehen. Es herrscht eher etwas mehr Klarheit.

Die Vaganteneichengesänge hätten gestern ganz gut zu den elektronischen Experimenten gepasst. Mit einem Mikrofon und dem Effektgerät meiner Gitarre, sind sicherlich interessante Vokalklangeinheiten produzierbar. Der Baum singt mir fast täglich ein neues Wort. Dafür soll er eine Rundbank bekommen, die ich mit Lolek im Frühjahr bauen möchte.