Diktaturen 14 | Schostakowitsch

Schostakowitschs Todestag jährte sich zum 50. Mal. Bei dieser Gelegenheit tritt ein Aspekt hervor, der mich besonders interessiert. Seine Rolle im stalinistischen System der Sowjetunion, das er mit seiner Musik unterstützen wollte, kippte irgendwann in ein Dissidententum, das aus heutiger Rezipientensicht als stimmig betrachtet wird. Aber dass womöglich die ästhetische Unbedarftheit Stalins dazu führte, dass die avantgardistische Seite des Komponisten nicht gemocht und anerkannt wurde, und Schostakowitsch somit in die Dissidentenrolle gedrängt wurde, wäre eine Variante.

Wie verhalten sich Künstler während der Bedrohung ihrer Existenz, und welche Werke entstehen unter diesem Druck? Wie unterscheiden sich ihre Bilder von denen, die in Freiheit entstanden sind oder unter dem Diktat des Marktes? Dem möchte ich gerne nachgehen.

Die Erziehungsanstalten des späten 18. Jahrhunderts ähneln denen in der DDR bis in die Begrifflichkeit. Waisen wurden mit „Schwachsinnigen“ zusammengesperrt. Das Singen sollte den Charakter verbessern. Ich erinnere mich an eine Marschkolonne, die ihre landwirtschaftlichen Geräte beim Vorbeizug an unserem hochgelegenen Wohnzimmerfenster in die Höhe hielten. Das Defilé der Rechen, Sensen, Forken und Hacken interpretierte ich als einen freundlichen Gruß der Aufheiterung durch die Zöglinge an mich.