Im Wind, der durch die Buchmalereien streicht, verlieren die Figuren Teile ihrer Kontur. Das kann auch in starkem Licht oder im Strom einer Schallkanone passieren. Aber irgendwo materialisiert sich das Verlorengeglaubte wieder zu etwas Neuem: einem Lavasteinabdruck mit verflüssigtem Pigment, abstrakten Apsaras oder zu einer zerfließenden knienden Figur. Dazwischen wehen die Sonnensturmgesänge.
Nur an den Tagebüchern arbeitete ich gestern. Und nun führe ich Tagebuch über mein Tagebuchführen, beschreibe das gleichmäßige, schwarze Fließen der Tinte aus der Feder in meine schütterer werdende Schrift.
An den Klang des Glöckchens, das in einem überdimensionierten Glockenstuhl inmitten eines hüfthohen Steinrondells, das mit Kapuzinerkresse bepflanzt war, hing, erinnere ich mich nicht. Nach etwa 50 Jahren, als ich die schöne Zimmermannsarbeit wieder sah, war die Glocke fort. Vielleicht hat sie sich durch ihren eigenen Klang aufgelöst und ist mit den, mir unbekannten, Schallwellen verflogen.