Unscharfe Zeitlupe

Die Buchmalereien sind derzeit mein Fixpunkt und bilden die Brücken von Insel zu Insel im Meer der Alltäglichkeiten. In ihnen versuche ich nun das System genauer zu fassen, die Reihenfolgen deutlich einzuhalten und die Wischbewegungen möglichst gleichmäßig mit einer immer ähnlichen Wassermenge durchzuführen. Ausschnitte der drei Malereien von heute habe ich oben in der Collage mit den durchscheinenden gestrigen Flächen zusammengefügt. Wenn ich davon ausgehe, dass die senkrechten Linien fixierte Erinnerungen darstellen und die Wischbewegung so etwas, wie den Vorgang des Vergessens zeigt, dann bedeutet das Vergessen auch gleichzeitig eine Auffächerung der Farben zu einem Allgemeineindruck, eine unscharfe Zeitlupe bindet, in der die Gefühle der Erinnerung aufsteigen können, ohne die Bilder.

In meinem Zimmer in der Frankenallee steht nun ein neuer, flacher Schubladenschrank. Der hat weiße Füße, schwarz lackierte Kastenvorderteile und eine weiße Deckplatte, die auch als Sitzfläche dienen kann. Darauf kann ich nun auf einem Kissen sitzend, an die Wand angelehnt, mit dem Blick auf die Kronen der Alleebäume, auf der akustischen Gitarre spielen. Die Schubladen sind dafür da, dass nun wieder mehr Dinge meines Privatlebens vom Atelier in die Frankenallee wandern.

In der kommenden Woche möchte ich, während der Ferienwoche mit den Kunstschülern, durch das Modellieren von dreieckigen Reliefs, den Grundstein für die Abschlussausstellung des Biografieprojektes am Ende des Jahres legen. Die Kontinuität von fünf zusammenhängenden Tagen ist die Chance dafür.