Sekunde

Noch sind an diesem Morgen die Eidechsen nicht in der Sonne. Eine von ihnen hat bei einem mir entgangenen Angriff ihren Schwanz verloren. Die Eine Gelegenheit zu beobachten, wie lange er benötigt um nachzuwachsen.

Mir erscheint jede Lebenssekunde wie eine überirdische Gabe, die zwar schnell vorübergeht, aber der wertvollen, scheuen Gegenwart nahe kommt. Es geht nicht um die Minute oder Stunde, sondern um den Moment, der sich dehnen kann und dann Dimensionen erreicht, die mir vorher nicht erlebbar waren. Seit ich hier bin und ganze Abende nur in den Himmel schaue, beginne ich das manchmal zu spüren.

Das Rasterportrait meiner Mutter kann bei entsprechender Vergrößerung zu einer abstrakten Landschaft werden. Ihre Zeichen aber sind mit meinem Gefühl der frühen Sechzigerjahre gezeichnet.

Die schüttere Bewölkung hinter den Überflügen, der gegen den Ostwind startenden Maschinen, ist angenehm, löst sich aber so langsam auf. Ansonsten wird das ein ruhiger Gartentag heute.

Die Frage eines Gastes zu den Gravitationsschwüngen, die mit Feder auf runzliges Transparentpapier etwas wackelig gezeichnet sind, impliziert den Wunsch der Betrachterin, dass die Schwünge gleichmäßiger sein sollten. Diese Frage finde ich überaus interessant, weil sie dahin führt, was die suchende Wahrhaftigkeit einer Linie auslöst.