Vor einiger Zeit, es ist bestimmt schon Jahre her, da hat mit Maj von ihren Mauerseglerbefreiungsaktionen erzählt. Manchmal verfliegen sie sich auf ihrem Dachboden, versuchen, wieder hochzukommen, rascheln dabei herum. Ohne Hilfe gelingt es ihnen nicht, wieder aufzufliegen. Dann geht sie hinauf, fängt sie vorsichtig ein, nimmt sie zwischen ihre Hände und wirft sie hoch in die Luft. Ich wünschte mir immer sehr, das auch mal tun zu können.
Und heute Früh, vor Acht kam der Anruf, ob ich kommen wolle, weil sie wieder eines dieser kleinen wunderbaren Tiere eingefangen hatte. Es befand sich in einem Korb abgedeckt mit einem indigofarbenen Tuch, in eine Ecke gedrängt.
In manchen Sommern beschrieb ich täglich die Figuren, Schwünge und Wendungen, die sie fliegen, das Licht unter ihren Flügeln und ihre quirlig strudelnden Versammlungen in der Luft.
Jetzt also saß am Boden eines Wäschekorbes so ein kleines, zartes, junges Exemplar. Vorsichtig, mit einem Paar Handschuhen, umfasste ich den Köper von beiden Seiten, trug ihn mit festem Griff zum Küchenfenster, nahm ein wenig Anlauf und schleuderte ihn so weit wie möglich in den Himmel. Schnell bekam er genug Luft unter die Flügel, nahm Tempo auf und startete direkt in das Treiben über den Dächern. Vielleicht war es schon ein Jungtier, das sich in diesem Sommer erstmalig auf die große Reise machen wird. Wir konnten ihm nachschauen, wie es noch ein paar Runden in der Nähe drehte. Das war ein erhabener Augenblick. Danke Maj.
Gestern im Frankfurt Lab mit der Festivalgemeinschaft aus ganz Europa. Wir sahen „Drei Tage Hölle“ von dem Weißrussen Pawel Prioschka. Eine Alltagstextfläche armer sehr einfacher Menschen, mir vielen Schichten und Verwebungen. In einem Militärzelt, in dem wir saßen, wurde ein Sack Kartoffeln ausgeschüttet. Schöner, strenger Text. Das zweite Stück des Abends hieß „Dementia“, kam aus Ungarn, und ich will es schnell vergessen.