Scherbengerichte

Das Rolltor hochziehen, ein paar Handgriffe im Garten und über den Zeichentisch auf die Arbeit des Vortages schauen – so fängt ein Ateliertag an einem Sommermorgen an. Wie auch gestern bin ich von zu Hause in der Frankenallee hierher gelaufen. Das dauert etwas mehr als zehn Minuten. Kein Grund, das Auto zu benutzen. Das erste und das letzte Drittel des Weges gehen durch Grünanlagen. Und hier ist es so still, wie es in einer Stadt mit ihrem Grundgeräusch sein kann.

Doppelportrait Vater / Großvater III – Scherbengericht I – zum Totenbuch III“ ist der etwas sperrige Titel des Blattes, das vor mir auf dem Tisch liegt. Ich selbst benötige das Titelsystem, um mich später in dem Wust von Arbeiten zurechtzufinden. Im „…Scherbengericht II…“werden dann die Umrisse der Portraitsplitter mit kreisenden Tuschelinien ausgefüllt. Damit habe ich, wie man oben sehen kann, gestern begonnen.

Die große Nesselfläche leuchtet nun schon einige Tage in diesen Raum hier. Sie hat in der Naturfarbigkeit eine beruhigende Wirkung. Ich beeile mich auch nicht, mit dem nächsten Bild gleich zu beginnen. Zunächst sollen die Motive noch reifen. Auf größeren Transparentpapierbögen ist noch einiges auszuprobieren, was ich schön an Kompositionen des Väterportraitthemas vor Augen habe.

Matthis berichtete gestern Abend, während eines Spargelabendessens, von seinen abenteuerlichen Ausflügen in die indogermanischen Sprachen. Auch seine Reisen und Arbeitsaufenthalte führen ihn dorthin, wo diese Sprachen noch wohnen.