Reliefbemalung | Sehnsucht nach Handwerk

In den spiegelnden Scheiben des Cafes verdoppelt rollen über gefrorene Schneereste, hart und knirschend die Räder eines langsamen Autos. Ski fahrend nannten wir den mehrmals überfrorenen Schnee verharscht oder Harschschnee. Ich kann mich nicht erinnern, dieses Wort je geschrieben zu haben. Harschen Reaktionen galten wohl manche der geschriebenen Worte. Die Skier bestanden aus Eschenholz und hatten Baudenzugbindungen, die die Ferse frei ließen und der Fuß somit beweglich blieb. Man konnte mit ihnen wandern und abfahren.

Einen großen Teil des gestrigen Tages verbrachte ich mit den Lehrlingen. Anhand der Bemalung ihrer Reliefs erklärte ich ihnen etwas über Lasurmalerei. Sie konnten sehen, wie sie mit drei Farben einen sehr reichen Farbklang herstellen können. Außerdem formten sie das dritte Exemplar des zweiten Dreiecksreliefs aus, wobei ich hoffen will, dass die Trennschicht völlig trocken war. Bei Experimenten in der letzten Woche habe ich herausbekommen, dass ein feuchtes Trennmittel das Pappmache vollkommen an die Formfläche bindet und ohne Wasser nicht herausgelöst werden kann.

Am Nachmittag führte ich die Tagebucharbeit zu Ende, die ich am frühen Morgen nicht fertig bekommen hatte. Mit einer Kanüle habe ich fünfzig Prozent Wasser zur Tinte in der Patrone meines Füllers hinzu gegeben, damit die Schwärze der Tinte nicht durch das Tagebuchpapier hindurch schlägt.

In unsicheren Zeiten scheinen manche Menschen der Handarbeit oder dem Handwerk eine sicherere Existenzmöglichkeit zuzuschreiben. Vielleicht ist es aber auch nur eine Sehnsucht nach haptischen Erlebnissen, nach Material und seiner Verarbeitung, die etwas Reelles zu unserem fragil-digitalen Tun beifügen könnte. Gestern auf dem Markt führte ich ein solches Gespräch, das aber aus einer aktuellen Bedrohung durch einen Jobverlust angestoßen war.

Pietro hat nun seinen zweiten Raum in der Pizzeria eingerichtet und möchte ihn gerne mit einem Vorhang abteilbar zu einen Kleinkunstbühne umfunktionieren können. Ich habe ihm irgendwann mal versprochen, dort etwas vorzulesen.