Die Archäologen der Frankfurter Universität graben unter Herrn Breunig im Süden von Nigeria Reste einer schon länger durch Funde bekannten, über zweitausend Jahre alten Nok-Kultur aus. Die auffälligsten Objekte, durch die überhaupt erst die Aufmerksamkeit geweckt wurde, sind röhrenförmige Terrakottaplastiken, die menschliche Figuren oder die Geister Verstorbener darstellen könnten. Im Liebieghaus ist dazu eine Ausstellung zu besichtigen, die diese Funde zwischen griechisch-römischen Skulpturen aus ähnlicher Zeit präsentiert. Weil die Arbeiten aus völlig unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen stammen, erscheint mir die gemeinsame Entstehungszeit eine willkürliche Klammer. Dadurch kann sich der Blick nicht auf die Eigenart der Fragmente konzentrieren, wird eher durch den Vergleich abgelenkt. Neben stereotypen dreieckigen Augen und Mensch-Tier-Vermischungen, fällt besonders der fein ausgearbeitete Schmuck auf. Die Wirkung der Figuren wird sehr auf die Gesichter gelenkt. Sie könnten solche von Verstorbenen sein, deren Seelen gebändigt werden, indem die Figuren zerbrochen wurden und ihre Einzelteile weit voneinander entfernt bestattet wurden.
Afrikanische Friedhöfe, die ich aus Namibia kenne, sind weit von den Siedlungen entfernt und werden kaum besucht. Die Leute haben vor den Geistern Angst.
Zur Nok-Kultur gibt es keine schriftlichen Zeugnisse, wodurch sich die wissenschaftliche Forschung nur auf die Kunstwerke stützen kann. Oft sind die Umgebungen, also die Fundkontexte durch Raubgrabungen zerstört. Ähnlich wie in Ägypten, Tadschikistan, Sibirien und in der Türkei. So wird Geschichte gelöscht.