Kartierung des Arbeitsterrains

Freitag. Gestern Abend im Atelier hielt ich M. zu größeren Malereien an. Dafür habe ich ihr die Rolltechnik beigebracht und kann sehen, dass es ihr viel Spaß bereitet. Manchmal gehen die Gespräche in die Richtung der Verantwortung für ein eigenes kreatives Leben. Ich erzählte vom Stipendium des Literarischen Kolloquiums, das B. gestern zugesagt bekam, um Zeit dafür zu haben, sich mehr mit Tanz auseinanderzusetzen. Die Frage, wie selbst bestimmt die Lebenszeit gestaltet werden kann, treibt viele der Bekannten um, die ich auf dem Markt treffe. Sie machen beispielsweise Musik und träumen davon, damit ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Dabei geht es vielleicht nicht in erster Linie um die Musik, sondern um die Verbindung von eigenem Befinden, um dessen Ausdruck und um dessen Veröffentlichung.

Im Atelier grundierte ich eine Sperrholzplatte und räumte Arbeitsflächen frei, um alsbald mit dem Modellieren beginnen zu können. Das Transparentpapier mit der Entwurfszeichnung versah ich von der anderen Seite aus mit einer fetten Bleistiftdurchzeichnung des seitenverkehrten Motivs, die ich nun auf die grundierte Fläche „durchschreiben“ kann. Die Linien stilisieren auf diese Weise die Motive immer weiter. Die Maßverhältnisse und kontrapunktischen Begegnungen werden ausgewogener und ihre Schwünge spannen sich kraftvoller zwischen ihre Ausgangspunkte.

Mir kommt eine Moosarchipelkartierung in den Sinn, in der ich die Ufer trianguliere. Die Schneefallgrenze ist auf dreihundert Meter gesunken. Sicherlich ist der Weg nun schon abgedeckt. Auch im Wald findet eine Stilisierung und ausgewogenere Gestaltung der Weglinien statt, ähnlich, wie bei den Entwurfszeichnungen für das FRANKFURTER KRAFTFELD. Ich schwanke, was den Begriff „Illustration eines Weges“ angeht. Ein Weg ist auch ein Weg, wenn ich ihn fast nur alleine gehe!

Das Arbeitsterrain, das vor mir liegt habe ich nun schon ganz gut frei geräumt. Das Material der Mainzer Landstrasse, die Kartierungen und Zeichnungen räumte ich in einen Karton und werde am Wochenende von M. etwas Ton bekommen, um mit dem Modellieren beginnen zu können – es wird Zeit.