Himmelsbüro

Wolkenlose Dämmerung, unter der die Marktbeschicker ihre Zelte aufschlagen. Kalte Windstille aus dem Weltraum. Ich stelle mir den Sachbearbeiter meiner Firmenhaftpflicht schwebend an einem Schreibtisch vor den Sternen vor. Ein Himmelsbüro mit Überblick – Stalins gütige Augen. Und hinter dem Horizont das allgegenwärtige Gebrüll im Nichts einer unbekannten Gegebenheit. Die Windstille ist an diesem Morgen unheimlich. Nur die Bewegung der Autos, Menschen und Vögel verwirbelt die Luft etwas. Aber die kleinen Wirbel rühren keines der gebräunten Blätter. Flugzeuge starten über meinen Kopf, als hätten wir`s mit Ostwind zutun.

Mir ist als hätte ich in dieser Woche viel versäumt. Ich war nicht am Hang und nur am Montag im Schaufenster zeichnen. Es war eine Woche ohne meine Arbeit, die meine Arbeit möglich macht. Auch mit der Umarbeitung und Übertragung des Tagebuchtextes in die Datei und in meinen Blog bin ich im Rückstand.

M. hat mir erzählt, dass sie, offensichtlich mit Vergnügen, meine täglichen Eintragungen liest. Auch bei dieser Veröffentlichung fühle ich mich in einer Verantwortung, obwohl jeder, der sich in mein Pulldownmenü „Aktuelle Arbeit“ verirrt, gleich wieder, falls es ihn nicht interessiert hinausgehen kann. Anders ist es bei einer Skulptur oder bei Kunst im realen öffentlichen Raum, wo ich hinschauen muss, schlecht immer auf die andere Straßenseite schauen kann.

In den Gleisbetten der noch nicht kultivierten Areale der Güterbahnhofsausläufer liegen manche Kiesel, die noch vom Schwemmland unter dem Schotter stammen. Darüber Grasland – Steppe, dahinter die flimmernde Fata Morgana der Skyline. Metallschlagend transportierten die Waggons die Grassamen von weit her. Korrosionsmondlandschaften auf dem Industrialisierungseisen. Im Atelier steht nun ein hoher Drahtkorb mit den Fundstücken wie sichtbare Zeit. Vielleicht kann man sich dem Material zunächst mit Frottagen nähern.