Auf einem winzigen Foto unter der Acrylabdeckscheibe meines Zeichentisches befindet sich der Aufseher im Jugendgefängnis und späterer Erzieher im Jugendwerkhof, im Sakko mit Parteiabzeichen, Baskenmütze auf dem Kopf. Eine Pose, die einen jungen „Revolutionär“ illustriert, einen Zweiundzwanzigjähriger, auf Linie gebracht, mühsam ausstaffiert für den Sieg der „Sache“. Ein Begriff, der es auf den Punkt bringt. Eine „Sache“ – die der Partei, die einer Revolution, die fortgeführt werden sollte, bis zum Sieg des Sozialismus.
Gestern modellierte ich die fünfundsiebzig Splitter, in die ich die ersten drei Scherben des 9. Reliefs zerschlug. Ich erinnere mich an die Dreidimensionalität der Tuschelinien auf den sechshundert Blättern des Scherbengerichts, die vom Schelllack noch weiter betont und aufgeworfen wurden. Das erzeugte die Vorstellung einer Notwendigkeit von mehr Plastizität. Langsam wächst nun der Raum, der diese Bewegung in Gang halten soll, und erscheint, wie viele Grundrisse von Häusern einer antiken Stadt, die durchzogen ist, von den Gravitationsschwüngen ihrer Straßen.
Ich lese „Der fliegende Berg“ von Christoph Ransmayr. Weil wir uns derzeit mit Westtibet befassen, Landkarten studieren, Reise- und Kunstbücher lesen, kommt mir der Stoff sehr schnell nahe. Die Dämonen der Höhe, wie sie in den buddhistischen Schreinen auftreten, verbinden sich mit meiner Vorstellung von Bildern, die durch zu wenig Sauerstoff in der Luft, im Hirn entstehen.