Mit dem Scherbengericht will ich dem Tod allgemein zuvorkommen. Zunächst nannte ich ja die Arbeit wegen ihrer Ähnlichkeit mit den ägyptischen Grabbeigaben auf Schriftrollen „Totenbuch“. Meine Zeichen sind aber keinem Bild verpflichtet, sondern den Verflechtungen der Lebenslinien; die aus den Kanten der Scherben bestehen. Auf diesen Bahnen verbergen sich die Flüche und Taten, Erlebnisse und Verdienste, die auf der abgelebten Zeit lasten.
Dafür habe ich gestern die nächsten zwanzig Blätter mit ihren liniengefüllten Splittern fertig gezeichnet. Sie liegen trocknend auf dem Schreibsekretär und animieren mich, gleich mit dieser Arbeit fortzufahren. Es ist, als würde sie keinen Aufschub ertragen können, um die Scherbenzeichnen wieder zusammenzufügen, als hinge davon eine Erlösung ab.
Die nächsten zwanzig Formate sind schon geschnitten, und auf den ersten vieren sind schon die Umrisse gezeichnet. „Los weiter!“ ruft es.
Heute aber mache ich aber die Arbeitsflächen frei für unsere Wachsausschmelzverfahren und deren Anknüpfungen an biografische Ankerpunkte. Außerdem: Einkaufen von Fisch, Gemüse und Reis.
Die Sonne steigt über den Dachfirst des Nachbargebäudes, ich denke an die „Landmarken – Arbeit“, die als nächstes kommt, an die Glaszylinder in denen die Objekte vor den weiten Aussichten aus den Hochhäusern stehen.