Tanz

Per Suchbegriff kann man sich im Blog orientieren, wie und wann ich mich in den vergangenen Jahren mit der Arbeit von William Forsythe beschäftigt habe. Das geschah zumeist auf den Transparentpapierrollen 9, 10, 11, und 12 und in der Folge auch in den digitalen Collagen. Es gibt also mehrere Tanzfriese zu Motion Bank und zu YOU MADE ME A MONSTER. Letzterer ging auch eine Verbindung mit GPS – Linien vom Gustavsburgplatz ein.

Gestern stiegen wir mit Cyril Baldy am Abend im Frankfurt LAB in die Improvisationstechniken des Choreografen Forsythe ein. Aus diesen setzen sich seine Stücke zu großen Teilen zusammen. In dem Moment, wo ich das, also eine ganz dünne Schicht dieses Blocks mit meinem eigenen Körper erkunde, ahne ich die Intensität der Arbeit. Ich erzählte unserem Kursleiter von meinem aktuellen Tanzfries. Er möchte ihn gerne sehen.

Auch aus dem Museum für Angewandte Kunst kam eine Reaktion auf meinen Blog. Vielleicht kann ich den Leuten dort auch meine Rollen vorstellen. Mit den Schülern will ich heute zum selben Thema arbeiten. Sie sollen eine kleine Frottage auf einen Transparentstreifen machen, die sie dann beim Zusammenrollen mit Bleistift durchzeichnen und überlagern sollen.

Eingeflochten

Gestern beim Kramen fand ich eine GPS – Zeichnung einer Küstenlinie, der ich dem anschlagenden Wellensaum folgend, hin und her lief. Ergebnis war eine geschwungene Linienkomposition aus lauter kleinen geraden Strichen, die Konstruktion der Bewegungen des Ozeans.

Die zuletzt eingefügten Tanzzeichnungen von 2003, flocht ich nun vollständig in das Gesträuch des Tanzfrieses ein. Ihn versuche ich mit Panoramaaufnahmen einzufangen, die ich vielleicht benötige, um die Leute von der Tanzcompany davon zu überzeugen, dass ich bei ihnen zeichnen kann. Je näher der Probenstart rückt, umso mehr zweifle ich daran, weil mir einleuchtet, welche Konzentration für diese Arbeit notwendig ist.

Am Vormittag ging ich ins Anna-Freud-Institut zu einer YOU&EYE Supervision. Interessant, welche Gespräche sich aus den Erfahrungen der Kollegen mit den Schülern ergeben. Mit Maya sprach ich danach über eine Fortsetzung der Kooperationen der einzelnen Arbeitsgruppen.

Im MAK

In die Collagen habe ich heute eine Zeichnung mit hinein genommen, die ich gestern im MAK auf eine große weiße Papierlandschaft gemalt habe. Das Geschah während eines Tuschmalerei Workshops mit einem Japanischen Künstler. Am interessantesten war es für mich, mit den anderen Teilnehmern gemeinsam zu malen. Diese Form der Kommunikation durch die Malbewegungen und deren Ergebnisse, ist ein besonderer Vorgang.

Morgen gehen wir in das Frankfurt LAB zu einem Tanzkurs zur Technik von Bill Forsythe. Dort hoffe ich auf Inspiration für meinen Tanzfries auf Rolle 11. Diese Arbeit hat auch einiges mit den Rollbildern gemein, die im MAK von Zeit zu Zeit ausgestellt werden. Auch darüber sprach ich gestern an Ort und Stelle. Auf Rolle 11 zeichne ich heute weiter an der Verdichtung der Tanzlinien.

Jetzt im Gärtchen vor dem Atelier sitzend und schreibend bekomme ich Besuch von den Nachbarn, fremden Schwebfliegen und vom Rotkehlchen. Wildbienen unterschiedlicher Art suchen nach Behausungen in meinem durchlöcherten Totholz.

Theater

In den Kammerspielen sahen wir „Die Zofen“ von Genet. Eine verrätselte Inszenierung mit drei Schauspielerinnen in identischen Kostümen und ebenfalls identischen Latexmasken, die ständig die Rollen wechselten. Solche offenen Arbeiten bieten mir reichhaltige Projektionsräume, mit denen ich viel anfangen und gut umgehen kann, im Gegensatz zur Nachtkritik.

Mit Annette, die lange mit der Forsythecompany gearbeitet hat, sprach ich über meinen Wunsch, bei den neuen Proben des Meisters zu zeichnen, die am 1.5. beginnen. Cyril Baldy, unser Workshopleiter am kommenden Dienstag, sei der richtige Ansprechpartner in dieser Sache. Sie machte mir aber wegen der Hermetik der Probensituation, die da normalerweise herrscht, wenig Hoffnung.

Gestern sah ich mir meine Tanzsequenzen auf Rolle 9 von 2021 an. Auch sie gründen auf die Zeichnungen von 2003. Die derzeitige Arbeit auf Rolle 11 führt diese Sequenzen fort. Bin gespannt, wo mich das hinführt. Die Buchmalereien entstanden heute wieder unter Zeitdruck, denn gleich geht es wieder ins Theater zur Premiere „Solaris“ nach Stanislaw Lem.

Quantitätsschwelle

Gestern zeichnete ich noch lange am Tanzfries. In mir wächst die Vorstellung vom Bruch dieser Kontinuität. Das könnte ein Schellackfeld sein, das ich einfüge, um mit ihm das Liniennetz zu verwischen, um dann wieder neu anzusetzen.

Der Widerspruch im laufenden Produktionsprozess fokussiert sich in dem Zweifel an der Innovationsfähigkeit der Arbeitsgänge, die sich stetig ähnlich wiederholen. Einerseits setze ich auf eine Qualitätsschwelle, die sich aus der Aneinanderreihung und Verdichtung der Quantität von selber ergibt. Das steht gegenüber der mutwilligen Veränderung mit Schellack. Die beiden Aspekte vereinigt, ergäben dass ich weiter mache, bis sich die Veränderung von alleine einstellt, beispielsweise eine Verdichtung bis zur Schwärze, um sich dann in der Schellackverwischung aufzulösen.

In Windeseile sind die Buchmalereien entstanden, weil ein Vormittagstermin dazwischen kam. So war ich gezwungen, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und das erscheint viel malerischer als die Malereien auf den Seiten zuvor.

Zwischen dem Grün

Die Kinder sind manchmal schwer zu bändigen. Sobald wir im Gelände sind, fliegen sie auseinander, verschwinden zwischen dem Grün, das sie zurückschneiden und dabei Holzfiguren finden sollen. Von denen ist schon einen ganze Schar entstanden. Draußen sind manche von ihnen zerstört worden. Doch die Produktion geht weiter und hält dagegen.

Drinnen spielen die Schichten des gefalteten Transparentpapiers eine Rolle. Zwischen ihnen Graphit, Schellack und Tusche, die sich abstoßen, auflösen und neue Welten bilden. Mit dem Material, das wir in den letzten Monaten entwickelt haben, werden wir auch in diesem Jahr eine Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst einrichten.

Auf Rolle 11 sind zwei weitere Tanzfiguren aufgetreten. Mit einer Hand finden sie gleich Anschluss an das laufende Bühnengeschehen. Und dann setzt wieder das gleiche Spiel, wie in den letzten Tagen ein: zuerst nehmen sie die Bewegungsstrukturen auf und werden von ihnen angefüllt. Das geschieht freistehend, bevor sie eingehüllt werden vom Tanz, von den Beziehungen der anderen Figuren zueinander. So stehen sie jetzt leer und weiß zwischen dem Geschehen. Im nächsten Schritt, vielleicht heute, werden sie langsam absorbiert.

Kipppunkt

Auf dem Tanzfries der Rolle 11 zeichnete ich gestern die Überlagerungen der zuvor freigestellten neuen Figuren mit dem vorausgegangenen Material. Im gegenwärtigen Zustand erscheint mir diese Verdichtung besonders harmonisch. Es wird deutlich, wie immer mehr Figuren aus den Gassen auf die Bühne treten und ihre Bewegungen ineinander greifen.

Irgendwann im weiteren Verlauf wird aber ein Kipppunkt erreicht, nach dem das Geschehen nicht mehr lesbar sein wird. Im nächsten Schritt kann dann der Fries rigoros enden, kann aber auch sanft aufgelichtet und entwirrt werden. Das geht, indem ich ein weißes Blatt zwischen die Rollenschichten wickle, das das Geschehen zuvor verbirgt und so weniger Linien durchgezeichnet werden können.

Mit den Schülern möchte ich draußen im Gelände den Sommerflieder zurückschneiden. Dann sehen wir, was wir mit dem verzweigten Holz anfangen können. Gern würde ich es mit Transparentpapier kombinieren. Es kann Frottagen, Tuschzeichnungen, Schellackschichten oder alles zusammen auf sich tragen, es kann gefaltet sein oder von einer zur anderen Figur reichen. Mit dieser Aktion können wir auch wieder Raum schaffen, in dem man sich auf den Gelände wohl fühlen kann.

Der tiefe Garten

Nach den Ostertagen ist der Betrieb auf der Nachbarbaustelle wieder aufgenommen worden. Die Geräusche von Gabelstaplern, Kanalreinigungspumpen und von Metall, das auf Metall geworfen wird. Davor behauptet sich das tiefe Bild des dichten Gärtchens, mit seinen Eidechsensonnenplätzen und den dunklen Verstecken. An einen querwachsenden Ahornast hänge ich Fundstücke von Stränden mit Federn an Fäden auf. Der Wind schreibt mit ihnen Gedichte.

Die Nachbarn sind wieder da, reden beim Rauchen und lachen beim Verladen von Renovierungsmaterial. Über allem steht die Milchsonne, die gefiltertes Licht ausschüttet. Aus dem klaren Wasser der Bottiche steigen Insekten zum raumbildenden Schwärmen zwischen den Baumstämmen auf. Das Gras wächst nach dem Regen zu schnell für die jungen Heuschrecken, die zu leicht und klein sind für diese Wiese.

Morgen kommen wieder Schüler ins Atelier. Und es gibt auch noch andere Arbeitsverabredungen. Besucher des Geländes haben meinen Olivenbaum beschädigt und die Holzfiguren, die ich aus Zweigen und Muscheln mit den Kindern gemacht habe, zerstört. Es ist als müsse man sich mit seiner Kunst verstecken, um nicht Zielscheibe jenes dumpfen Hasses zu werden, der aus dem Minderwertigkeitsgefühl aufsteigen kann.

Einen Moment der Freiheit

Bis in den Abend zeichnete ich gestern auf Rolle 11. Dann entrollte ich Teile von den Rollen 10 und 12. Sofort leuchtete mir das Potential ein, das das Hin- und Herspringen der Motive mit sich bringen würde. Aus ihren „Fließumgebungen“ herausgelöst, werden sie mit den Aggregatzuständen der anderen Rollen zu konfrontiert. Durch eine so angelegte Freizügigkeit können die Ergebnisse unterschiedlicher Kontinuitäten versammelt werden.

Projekte können auch auf verschiedenen unfertigen Rollen entwickelt werden, indem man sie miteinander verknüpft. Den Tanzfries würde ich gerne mit den musikalischen Experimenten verbinden, die ich mit Susanne fortführen will. Das Gustavsburgplatzvorhaben kann ich mit dem 3. Exemplar des Väterprojektes überlagern.

Der Zöglingsweg bei Waltershausen hat wohl mit dem Sportpädagogen Gutsmuths zutun, der in der alten Salzmannschule gearbeitet hat. Sport, Drill und militärische Ertüchtigung haben ja Gemeinsamkeiten. Mein Vater schwadronierte, dass er mich in eine Kadettenschule stecken wolle, weil sie die besten Voraussetzungen für eine Karriere bildet. Schon in der Schule hatten wir Wehrkundeunterricht und im Sport wurde marschiert. In einem Wehrlager des VEB Gummikombinat Thüringen zettelten wir Lehrlinge eine kollektive Befehlsverweigerung an, die streng geahndet wurde. Aber dabei erlangten wir einen Moment der Freiheit.

Fragmented Shelter

Gestern Nachmittag begann ich das Projekt Gustavsburgplatz ausführlicher zu beschreiben. Dabei sah ich mir auch die aufgezeichneten Wege an, die die Schüler gelaufen sind. Die Dreiecksform des Grundrisses mit dem Kreisverkehr an seiner südlichen Ecke, führt zumeist zu einer Kopfform. Mit dieser kann ein Bezug zu den Portraitzeichnungen an den Innenwänden des Kulturkioskes hergestellt werden, die ich 2016 gezeichnet habe. Außen der Gitterkopf an die Fassade montiert, innen die Wandzeichnungen.

Mit dem Tanzfries pausierte ich gestern. Er überfordert mich manchmal mit seiner anstrengenden Dichte. Dann möchte ich dieses komplexe Gebilde zerstückeln, auseinander ziehen und Teile davon herausschneiden. Eine Vereinfachung, die sich auf das Wesentliche konzentriert, wäre der Ausweg. Wie finde ich aber das Wesen in diesem Fließen.

Gestern sah ich mir im Kulturhaus beim Zoo die Performance „Fragmented Shelter“ an. Es handelt sich dabei um eine Zusammenfügung von Sprechtheater, Visuals und Lifemusik. Für die Projektionen und die Musik war Susanne Rentel zuständig, mit der ich schon hier im Atelier experimentiert habe. Ihre Spielweise eines elektronischen Blasinstrumentes hört sich für mich wie sehr freier Jazz an. Die Überlagerungsstrukturen durch den Looper haben Gemeinsamkeiten mit meinen gezeichneten Transparentpapiersequenzen. Auch die Form der Verdichtung ist mir sehr nah. Fast hätte ich mir weniger Text und Schauspiel gewünscht. Dessen Konkretheit verstellte mir etwas das musikalische Hörvergnügen. Auch mit den Bildern, die sich mit Transparenz beschäftigten, konnte ich viel anfangen.

Linien, Schichten, Räume

Der Tanzfries auf Rolle 11 wächst weiter. Es gibt ein Spiel mit den Figurenumrissen. Sie stehen manchmal allein auf dem transparenten Papier und sind mit den Liniennetzen der Vortage gefüllt. Dann folgt die Umkehrung. Sie erscheinen leer inmitten der Linienverdichtungen, sie erscheinen abwesend.

Immer noch habe ich das Konzept für das Gustavsburgplatz-Projekt nicht geschrieben. Noch fehlt die Verbindung zu meinen Gedanken zum Tanzfries und zum Väterprojekt. Kann ich die Ganglinien mit Texten und Tanzräumen verbinden, bin ich motivierter eine Struktur zu entwickeln.

Die Zeichnungen, die ich 2003 im Ballettsaal gemacht habe erinnerten mich heute an die Tänzerin Heidi Viertaler, die gut als Figur zu erkennen ist. Sie arbeitet jetzt als Dozentin in der Folkwang Uni und entwickelte eine Tanzpraxis mit dem Namen Streamflow. Eine tiefere Verbindung zum eigenen Körper versetzt ihn in einen Zustand eines Organismus, der wie von allein die Möglichkeiten eines begrenzten Raumes auslotet. Diese Methode passt zu den Gängen auf dem Gustavsburgplatz. Passend dazu fand ich gerade ein Rasterportrait des Großvaters Fizner, beschichtet mit einem gewanderten Liniennetz.

Zöglingsweg

Das Vorhaben, ein drittes Exemplar des Väterportraits zu machen, bekommt konkretere Vorstellungen. Dort will ich mich mit den Auswirkungen von physischer Gewalt auseinandersetzen. Noch heute wohnen Reaktionen in meinem Körper, die mit der Erwartung von körperlichen Strafen zutun haben. Die Bilder der Prügelorgien sind immer gegenwärtig. Mit dererlei Erinnerungsarbeit habe ich innerhalb des Väterprojektes schon gute Erfahrungen gemacht

Mich interessiert, inwiefern das Zufügen von Schmerzen und Erniedrigungen in der menschlichen Natur existiert. Aggressivität und Wutausbrüche, die sich gegen Schwächere richten oder gegen Gruppen, denen eine Schuld unterstellt wird, sind ja alltäglich. Auch die Kompensation eines Selbsthasses kann auf meinen Vater zutreffen, der die homoerotische Seite seiner Existenz verleugnen musste, sich nicht eingestand und dagegen ankämpfte. Es geht also um persönliche und gesellschaftliche Verquickungen.

In der Nähe des Kinderheimes „Klostermühle“ bei Reinhardsbrunn, in dem mein Vater gearbeitet hat, gibt es den Zöglingsweg. Es wäre ein schöner Beginn, diesen Weg mit einer Kamera und einem GPS-Gerät zu gehen. Vielleicht gibt es ja in einer Chronik Auskunft über die Herkunft des Namens.

Aus der Nische

Beim Aufräumen fand ich Entwurfszeichnungen für den Marmorbrunnen, den ich vor fast zwanzig Jahren für Barbara Neu gemacht habe. Die realistische Figur eines liegenden Jungen, aus dessen Hand das Wasser fließt. Darauf bin ich nicht stolz. Wir haben uns dann auch auf eine abstraktere Variante geeinigt. Diese Zeichnungen habe ich gestern aussortiert und fast alle weggeworfen.

Mit etwas willkürlichen Fragmentierungen der sich stapelnden Tanzfiguren, half ich mir auf Rolle 11 weiter. So entstehen Freiräume für die Suche nach dem Wesentlichen, z. B. durch das Einfügen neuer gezeichneter Tanzumrisse.

In einer Nische zwischen den Regalen im Gärtchen steht mein Korbsessel. Dort sitze ich, wenn es warm genug ist, während des Schreibens. Rechts und Links neben mir hängen Ketten aus dem Material, das ich bei Strandspaziergängen an Andalusiens Atlantikküste aufgefädelt habe: Korallenstrukturen, Schneckenhäuser und Konglomerate aus Lava, Kieseln und Austernschalen.

Neu definiert

Gestern habe ich nur das ausführliche Tagebuch gemacht. Das besteht aus den 3 Buchmalereien, den handschriftlichen Texten, den 3 Collagen und aus den 3 Texten, die für den Blog gemacht sind. Die Transparentpapierrolle ließ ich liegen, scannte nur ihren letzten Teil für die Collagen.

Außerdem probierte ich den Geo Tracker auf meinem Mobiltelefon aus. Heute mit den Schülern war es etwas schwierig, weil sie wenig motiviert waren und auch mit der Installation der App auf ihren Handys nicht gut zurechtkamen. Das enttäuschte mich etwas, weil ich für diese Raumunternehmungen sehr viel investiere.

Die Linien, die auf dem Gustavsburgplatz entstanden sind möchte ich nun gerne mit dem Tanzfries verbinden. Die Raumumschreibungen sollen sich ergänzen und verdichten. Indem ich die künstlerische Arbeit etwas reduziere, hoffe ich auf eine Konzentration auf das Wesentliche, das aber immer wieder neu definiert werden muss.

Tanz I Raum

Sonntag. Ich blicke auf den Tanzfries und schaue den Insekten im Garten zu, den Gebetsfahnen im Wind. Sprenkelnd wässere ich die Bäume, schaue auf die zerspringenden Tropfen, höre den heiseren Gesang der Meisen und das Signal einer Rangierlok. Zwei Frauen, die mich besuchten führte ich das Fließen der Transparentpapierrollenbilder vor.

Auf Rolle 11 nahm ich mir weitere Zeichnungen vor, die ich 2003 von einer Choreografie von Georg Reischl gemacht hatte. Das Material mischt sich mit dem GPS-Gang im Lustgarten. Viele Projekte, die ich mir vornehme haben mit Bewegung zutun und mit dem Raum, die sie umschreibt.

Nun wird es morgen doch nicht regnen. Für meine Schüler habe ich eine Tracking-App heruntergeladen und möchte ihre Eignung für die Gänge auf dem Gustavsburgplatz prüfen. Mit diesem Instrument könnte jeder für sich eine individuelle Kartierung herstellen. Am Ende kann man sie alle übereinander zeichnen.

Aussortieren I Tanz

Gestern Nachmittag setzte ich den Tanzfries auf Rolle 11 fort, wie ich es am Vormittag gedacht und beschrieben hatte. Die Liniengeflechte, die so entstanden sind, fügte ich heute in die Collagen ein. Parallel holte ich aus dem oberen Fach meiner Regale einen Stapel Strukturpapier, das ich vor vielen Jahren mit Farbverwischungen versehen hatte und sah die Arbeiten durch. Dreiviertel davon sortierte ich aus und trug die in den Papiercontainer, der unter der Bahnbrücke steht. Das war ein schmerzlicher Anfang.

Demnächst probiert Bill Forsythe ein Stück mit der hiesigen Tanzcompany, die wir vorgestern im Bockenheimer Depot sahen. Ich überlege, ob ich fragen sollte, bei einer seiner Proben zeichnen zu dürfen. Das würde die Arbeit am Tanzthema beflügeln.

Am Montag wollte ich mit meinen Schülern einen GPS-Gang über den Gustavsburgplatz machen. Aber es wird regnerisch sein, und ich muss mir ein Ersatzprogramm ausdenken. Vielleicht könnten wir die Pflanzen aus dem Atelier räumen und mit ihnen eine Gartengestaltung machen. Sie soll der Schönheit und der Praktikabilität folgen.

THE LAND WITHIN

THE LAND WITHIN sahen wir gestern von unserer Dance Company im Bockenheimer Depot. Ich würde das als einen Performance Stationenabend bezeichnen. Es kamen große schwingende Flugwerke und klaustrophobische Nebelkammern zum Einsatz. Alles konnte man als Zuschauer durchwandern und mit den Darstellern Kontakt aufnehmen. Mir gelang das auch in mehreren Fällen, was mir besonders gefiel und zu kleinen gemeinsamen Szenen führte. Es gab eine Handflächenannäherung und ein Reaktionsspiel mit Gesten von oben in eine tiefe Kammer.

Der zweite Teil bestand dann aus einem Tanzstücke mit 3 Personen. Dazu nahm man auf den Zuschauerrängen Platz und fühlte sich wie in einer normalen Vorstellung. Sehr emotionale Szenen waren das die frei in ihrem Bewegungsschwung den Raum ausmaßen.

In der Nebelkammer fotografierte ich ein wenig und würde das Material gerne in meinen Tanzfries einfügen, an dem ich gestern auf Rolle 11 weiter arbeitete. Die Tanzzeichnungen von 2003 durchdringen sich dort. Gerne möchte ich sie im weiteren Fortfahren übereinander schichten, um zu einer erneuten Konzentration des Tanzthemas zu kommen.

Der nächste Schritt

Auch die Konzentration auf die farbigen Lavasteinabdrücke und auf das wenige, was ich hinzufüge, kommt mir wie ein Rückzug vor. Keine aggressive Spannung durch geradlinige Konstruktionen, die einen Gegensatz zu den harmlosen Gasblasenumrissen und ihren schönen Farben bilden. Es herrscht eine Sehsucht nach spielerisch-kompositorischen Einklängen. Aus diesem Treibenlassen kann sich aber auch ein strenges Konzept entwickeln.

Noch einmal sah ich gestern davon ab, an den Transparentpapierrollen weiter zu arbeiten. Vom obersten Regalfach holte ich die Stühle, die ich restaurieren will und reinigte sie. Die Leiter ließ ich stehen als Erinnerung die Sichtungs- und Aufräumarbeit fortzuführen.

Aber das Zeichnen auf den Transparentpapierrollen fehlt mir. Es wäre gut, das Atelier für ein Zusammenspiel von Sichtung, dem Ordnen, Entsorgen und begleitendem Zeichnen einzurichten. Das ist der nächste Schritt.

Verweigerung

Das mutwillige Fernhalten von der Arbeit, beispielsweise an den Transparentpapierrollen, zieht widersprüchliche Gefühle nach sich – das der Leere und das der Freiheit.

In den Buchmalereien nehme ich immer wieder die Lavasteinstrukturen auf, gestern ganz ohne Beiwerk außer ein paar Umrisslinien. Auch heute fand dies sehr reduziert statt. Stattdessen beschrieb ich im Buch meine Gartenarbeit und die Artenvielfalt.

Dieser allgemeine Rückzug in den letzten Tagen, hat vielleicht mit den Nachrichteninhalten zutun. Die Konzentrationen der Unverantwortlichkeit, des ausufernden Egoismus, der Selbstüberschätzung und der Unvernunft führen bei mir zu einer Form der Verweigerung. Dabei hat jede Zeichnung, die entsteht, das Potential der Hoffnung, zunächst für mich aber auch ausgesendet in den täglichen Collagen.

Arche I Stabkarten I Gärtchen

Gestern war ich beim Einweihungsgottesdiest meiner Sakralobjekte im ökumenischen Gemeindezentrum Arche, in Neckargemünd. Für ein paar Worte zum Entstehungsprozess bekam ich einen herzlichen und langen Applaus. Das war ein wenig wie Nachhausekommen. Die Feier war schön gestaltet und Tobias hat eine gute Predigt gehalten. Und die Leute können singen! Danach gab es ein Essen und ich beantwortete geduldig alle Fragen zu meinem Vorgehen.

Jetzt, wieder in Frankfurt, kreisen meine Gedanken um das Gustavsburgplatz Projekt. In einer Woche beginne ich damit schon mit meiner Schülergruppe. Spontan fällt mir dazu ein, dass ich mit ihnen eine Polynesische Stabkarte aus unseren gewanderten Linien herstellen könnte. Das wäre die Fortführung unserer skulpturalen Arbeit mit Pflanzenteilen und gleichzeitig die Vorbereitung eines geschweißten Wandgitters mit ähnlicher Gestalt.

Aber es zieht mich auch zum Aufräumen im Atelier, in mein Gärtchen und auf die Wiese am Bahndamm zu den Raumgestaltungen mit der Gartenschere. Außerdem will ich die Riesenpusteblumen in meine Pflanzschalen säen.

Gustavsburgplatz

Gestern traf ich eine Dame von der Deutschen Bank, mit der ich vor einiger Zeit über das Gustavsburgplatz – Projekt gesprochen habe. Wir redeten nun schon etwas konkreter über Zeiträume, Teilnehmerzahl, Organisationsanbindung und über ein Honorar.

Ich tendiere bei solchen Themenfindungsprozessen immer dazu, einen möglichst weitwinkligen Blick zu behalten, um alles Mögliche mit einbeziehen zu können. Wenn ich dann einen Tag später daran denke, wie ich das alles umsetzen soll, wird mir nicht selten etwas flau…

Ich will das Programm über einen längeren Zeitraum strecken, damit ich mich nicht wieder übernehme. Eine Grundstruktur ist die Dreiteilung. Drei Gruppen zu jeweils drei Teilnehmern, machen drei verschiedene Gänge über den Gustavsburgplatz und nehmen sie mit GPS auf. Im Atelier sollen sie dann auf Transparentpapier übertragen und kombiniert werden. Im zweiten Schritt werden 3 Motive auf etwa 2X2 Meter vergrößert. Aus diesen Motiven erstelle ich eine finale Variante, die dann im 3. Schritt auf den Boden vor dem Atelier gezeichnet wird. Diese Zeichnung dient als Vorlage für die zugeschnittenen Metallstäbe, die dann zu einem Gitter zusammengeschweißt und an einer Wand im Freien befestigt werden.

Raum schaffen

Das Frühjahr ist eine gute Zeit, um Räume zu schaffen. In der Tradition des Frühjahrsputzes wurde in meiner Kindheit der Winter hinausgefegt, und es wurde Platz für neue Bewegung in der Wärme geschaffen. Die Tonscherben, die ich jahrelang draußen aufgehoben habe, können nun zusammen gelesen, zerkleinert und unter die Erde gemischt werden, die dadurch länger feucht bleibt.

Tausende winziger Insekten schwärmen mir um die Füße, über den Tisch auf dem das Tagebuch mit den heutigen Buchmalereien liegt. Es scheinen Eintagsfliegen zu sein, denn am Abend sah ich sie gestern auf meinen Wasserflächen liegen. Jetzt, beim Schreiben, muss ich aufpassen, dass ich sie nicht einatme.

Die Produktion ist nicht, wie nach jeder Reise sonst, gleich wieder in Gang gesetzt worden. Ich beginne mit dem Aufräumen. Bei schönem Wetter im Gärtchen. Dann hole ich die vier Stühle vom Regal herunter, die ich reparieren und aufarbeiten möchte. Und die Scans der Buchmalereien, die ich in Lajares auf der Insel gemacht habe, werde ich noch machen.

Freiheit

Von der Sonne beschienen leuchten winzige schwärmende Insekten vor dem tiefen Schatten, im Gegenlicht des Gärtchens. Ich muss mir den Strohhut nehmen, so intensiv ist die Strahlung. Meine Freiheit als Pensionär und Künstler habe ich neu entdeckt. Das setzt mir nun oft ein Lächeln ins Gesicht.

In die Erdschicht auf dem Beton, in der meine Bäume wachsen, lasse ich etwas Wasser tröpfeln. Sie ist von Laub bedeckt und speichert dadurch die Feuchtigkeit gut. Gestern Nachmittag sind die Eidechsen raus gekommen und heute schon in der Morgensonne. Aber die meisten frostempfindlichen Pflanzen stehen noch im Atelier, denn es wird noch einmal kalt.

Mit dem Aufräumen will ich in den obersten Regalen beginnen, weil das am aufwendigsten ist. Ich bin gespannt, was mir alles begegnen wird und was mich zur Weiterarbeit reizt. Zwischendrin verändere ich mit der Gartenschere die Landschaft. Mit ein paar Schnitten können neue Räume entstehen. Stellt man dann eine Sitzgelegenheit so hin, dass die Hecke im Rücken und die Wiese im Blick liegt, ist ein neuer Aufenthaltsort geschaffen.

Nach der Auszeit

Vormittags bereitete ich mein „Schülertreffen“ im Atelier vor. Die Stunden füllten sich mit Frottagen, Zeichnungen, Pappmacheherstellung, mit dem Abformen von Relieffragmenten des Väterprojektes, Holzhacken und der Einrichtung einer Eidechsenbehausung am Bahndamm, bis hin zur Produktion von einem Hip Hop Video. Da soll einer sagen, wir seien nicht vielfältig.

Ich habe 14 Tage auf einer Insel von der Arbeit abgesehen. Und nun soll sie, wie meistens nach einer solchen Auszeit, anders wieder anlaufen, mit mehr Ruhe und weniger Anstrengung, wie es dem Alter entspräche. Oft ordnet sich vieles der Strenge unter. Mehr Spiel wäre mein Wunsch.

Morgen beginne ich erst einmal die ganzen Buchmalereien, die ich mit Hilfe der Abdrücke gefundener Schalentierfragmente angefertigt habe, zu scannen. Und dann will ich mich in die Arbeit des Sichtens und Ordnens meiner Arbeit begeben. Das wird auch mit einer neuen Form der Produktion zutun bekommen.

.